Lange ist es noch hin bis im April 2022 wieder der alljährliche NFL Draft beginnt und an drei Tagen die 259 besten Talente von den NFL Teams gezogen werden. Da der kommende Draft in Paradise, Nevada abgehalten wird, könnte er für die Verantwortlichen rund um den Raiders General Manager und ehemaligen Draft Experten Mike Mayock zu einer Art "Heimspiel" avancieren.
Zwar ist nicht davon auszugehen, dass die Raiders, die momentan 5-2 stehen, dann innerhalb der Top 10 ihren Spieler auswählen werden, aber in einer Saison in der das Damoklesschwert nach dem Rassismus Skandal um den entlassenen Coach Jon Gruden und dem tragischen Unfall von Henry Ruggs quasi stets über den Köpfen der Franchise schwebt, werden wohl dieses Jahr auch keine Bäume ausgerissen. Für einen soliden Mittelfeldplatz mit Playoff-Teilnahme sollte es dennoch allemal reichen. Wer weiß, vielleicht beglücken uns die Raiders auch mit einer Überraschungssaison, aber ein Pick zwischen Rang 15 und 25 ist in jedem Fall realistisch.
Die Scouts, da könnt ihr euch sicher sein, begutachten schon das ganze Jahr über diejenigen Prospects, die dann bei unserem Erstrundenpick für uns in Frage kommen. Nach Draft-Episoden unter Jon Gruden, bei denen mal fahrlässig gepickt wurde, mal mit richtig viel Weitblick, Jahre in denen wir meistens zwischen boom und bust wählen konnten, wird wohl nächstes Jahr hauptsächlich Mike Mayock die Geschicke lenken. Man kann sich also wahrscheinlich auf weniger "reaches" gefasst machen, dafür dürfte mehr nach position need oder Talent gedraftet werden. Da die Raiders in einigen position groups zwar über gute Leute verfügen und hier und da auch viel competition aufgrund ihrer Kadertiefe aufrecht erhalten können, aber viele dieser Spieler wohl auch nur kurzfristig bei uns bleiben werden, kann man bereits jetzt erkennen, auf welchen Positionen wir Verstärkung gebrauchen werden. Team building beginnt beim Draft und dort haben die Raiders meistens in der ersten Runde bewiesen, dass manchmal ein konservatives Vorgehen ertragreicher gewesen wäre. So hat man beispielsweise im 2020er Draft mit dem 19. Pick Damon Arnette verpflichtet, der bis jetzt noch nicht seine Erwartungen erfüllen konnte und wohl zu den am meisten kritisierten Raiders gehört. Die Silver&Black haben es allen voran verpasst in diesen ersten Runden foundational players zu draften und Mannschaftsteile wie beispielsweise die Defensive Line werden seit Jahren eher über die Free Agency verstärkt, statt über den Draft.
Der tragische, von Henry Ruggs ausgelöste Verkehrsunfall mit einem 23-jährigen weiblichen Opfer, hat zudem dafür gesorgt, dass einer der Hoffnungsträger aus den letzten Drafts wahrscheinlich für immer seine Karriere an den Nagel hängen muss und die dezimierte WR group ist langfristig auf Verstärkung angewiesen, die Suche nach dem Number One Receiver ist wieder eröffnet. Hinzu kommt, dass es auf einigen Positionen eine nicht unbeträchtliche Anzahl an Free Agents geben wird.
Im Folgenden findet ihr daher drei mögliche Optionen die Raiders, die aus ihrer Sicht beim NFL Draft 2022 interessant sein könnten.
1. Jordan Davis, Defensive Tackle, Georgia Bulldogs, 6-6, 330 pounds
Jordan Davis ist ein Monster und Natur-Freak. Und er ist auch einer der Gründe, warum Georgia dieses Jahr wohl ein überraschender CFB Champion Pick werden könnte. Die Raiders suchen seit Jahren einen starken, schweren Mann für die Interior Line. Die letzten hartnäckigeren Gerüchte gab es vor der Saison. Man wollte wohl für Leonard Williams traden. Dies ist nicht passiert, die Raiders haben stattdessen mehrere andere D-Liner geholt, darunter allen voran Quinton Jefferson, Solomon Thomas und Gerald McCoy. Allesamt gute Spieler, aber keiner davon ist ein typischer Nose Tackle, sie spielen nahezu allesamt in der 3-Technique, weswegen den Raiders im A gap eine Mauer fehlt. Zudem ist die Rückkehr McCoys nach seiner Verletzung mehr als fraglich. Alles in allem also momentan noch so haltbar, langfristig aber eine unsichere Position. Das merkt man auch immer wieder in der Run Defense, die zwar derer der Vorjahre um Lichtjahre voraus ist, der aber dennoch dieses physische Element in der Mitte noch fehlt. Davis wäre der ideale Mann dafür. Mit seiner herausragenden Körperkraft und einem grandiosen Gemisch von Gewicht und Körpereinsatz schafft er es regelmäßig sich in der Mitte festzusetzen und lässt sich dort auch nicht von double teams aufhalten. Gegen den Run besitzt er starke laterale Skills, was insbesondere gegen Option Plays und mobile Quarterbacks helfen könnte oder um dem Elite Pass Rush der Raiders die Inside abzusichern, während der sich auf das outside containment konzentrieren kann. Weil Davis recht groß ist verliert er hier und da aufgrund seiner hohen pad levels, macht dies mit schnellen Händen allerdings wett. Diese nutzt er sehr gut und operiert in dem Bereich mit viel Kraft, um separation zu generieren und so weiter an der Line beweglich zu sein. Davis könnte ein dominanter Run Defender werden, seine run stop skills sind bereits auf professionellem Level, einzig die Explosivität fehlt noch. Etwas, an dem er die letzten Wochen im College intensiv gearbeitet hat. Er rennt die 40 Yard in unter 5 Sekunden, was für einen Lineman seiner Größe durchaus für das nötige Tempo spricht, der first step ist allerdings immer noch ausbaufähig. Die Raiders mögen Spieler von großen, erfolgreichen Unis und Georgia zählt dieses Jahr zu den top Teams im College Football und sind derzeit mit 8-0 Siegen in den CFB Rankings auf Platz 1. Noch vor Alabama! Dass Georgia in diesen acht Spielen nur 64 Yard pro Spiel gegen die Lauf zuließen, ist unter anderem Davis zu verdanken, der am Point Of Attack kaum mehr aufzuhalten ist. Einzig fraglich ist, ob Davis in der NFL auch in 3rd downs eingesetzt werden kann. Davis spielte diese Saison meist in den 1st und 2nd down Versuchen. Kritiker sagen, er zeige nur "flashes of potential". Ob er dadurch Underperformer ist, bleibt aber mehr als fraglich, denn bisher wurde es der Georgia Defense nahezu langweilig und Davis war nicht immer gefragt. Wenn es aber wichtig wurde, überzeugte er. Ich sehe in Davis ein hohes Potential und er wird für mich definitiv in der ersten, spätestens bis Mitte der zweiten Runde gedraftet werden. Vergleichbare NFL Prototypen könnten u.a. Leute wie Derrick Brown von den Carolina Panthers sein. Ein großer Koloss, der schwer wegzuschieben ist. Die Raiders sollten Davis im Blick haben. Denn so ein Koloss fehlt ihnen aktuell im Mannschaftsgefüge.
2. Jahan Dotson, Wide Receiver, Penn State, 5,11", 184 pounds
Nach dem Rauswurf von Henry Ruggs stehen die Raiders ohne richtigen Number One Receiver da. Zwar ist der WR room mächtig talentiert, doch Edwards, Renfrow und Jones sind einfach zu wenige, es gibt kaum Tiefe im Kader bei den Passempfängern und die Wide Receiver aus dem practize squad sind zwar bekannte Gesichter, aber Doss, Ateman und Co. können den Raiders keine Spiele gewinnen. So könnte aus einer zuversichtlichen Einheit eine Gruppe werden, die auf große Hilfe angewiesen ist. Die Idee für Davante Adams zu traden steht schon seit längerem im Raum und könnte in der Offseason Realität werden. Falls die Raiders nicht in der Free Agency oder per Trade zuschlagen, könnte ein heißer Kandidat für einen Langzeitposten Penn States Jahan Dotson sein. Der explosive route runner gehört zu den besten Passfängern im College Football, erfing bisher in acht Partien 690 Yards und 6 Touchdowns. Dotson gehört zu den besten route runnern und kennt die NFL kompatible Spread Offense mit ihrer vertikalen Pass-Attacke. Die Raiders brauchen einen schnellen Receiver, Dotson bringt zwar keinen elite speed mit, aber er ist sehr explosiv und kreiert Freiräume. Als ehemaliger 100- und 200m-Läufer sollte es aber auch auf hohem Niveau reichen. Er ist zudem ein relativ sicherer Passempfänger, kann sich an der Sideline behaupten und fängt Bälle in kleinen Fenstern, einzig sein Fang-Radius dürfte nicht zu den besten der Liga zählen. Es kommt bei Dotson stark darauf an, wie er vom Team das ihn holt eingesetzt wird. Ähnlich wie Ruggs hat auch Dotson eine starke Big Play ability, hat bisher die meisten Pässe gefangen, die über 40 Yards gingen und ist mit u.a. Chris Olave von Ohio State, der ebenfalls ein Draft Kandidat für die Raiders sein könnte, einer der wenigen Spieler mit bereits 11 gefangenen Pässen über 20 Yards. Er produziert also Big Plays und ist in der Lage, seine Beweglichkeit und seinen überdurchschnittlichen Antritt in gute Feldpositionen zu münzen. Eine seiner größten Schwächen dürfte seine Größe sein. Physischere Backfielder könnten ihn von Routen abdrängen oder ihm beim Catch aufgrund seines kleinen Rahmens lästig werden. Ich persönlich würde aber dieses Vorurteil über die Größe aufgeben. Halte ich nix von. Wir haben in den letzten Jahren auf jeder Position Spieler gesehen, denen vermeintliche Schwächen wegen ihrer geringen Größe unterstellt wurden und wurden häufig vom Gegenteil überzeugt. Size matters - aber nicht, wenn die Rolle im Team stimmt!
3. Kenyon Green, Offensive Tackle, Texas A&M, 6,4", 325 pounds
Der am wenigsten funktionierende Mannschaftsteil der Raiders war in dieser Saison bisher die Offense Line. Ehemals eine der besten und erfahrensten Gruppen in der Liga, ist die Line nunmehr nur noch ein Sammelsurium aus talentierten jungen Spielern, die mit einigen Routiniers ergänzt wurden. 1st Round Pick Alex Leatherwood kam bisher kaum mit den Anpassungen zurecht, die er auf dem pro level machen musste und wurde folglich vom Right Tackle zum Right Guard versetzt. Richie Incognito scheint sehr langsam von seiner Verletzung zurückzukehren und Andre James hat auf der Center Position starke Probleme. Perspektivisch wäre es hier gut entweder einen Hochkaräter mit Erfahrung zu holen oder sich früh im Draft zu bedienen. In der diesjährigen O-Line Klasse stecken einige Juwelen und die Raiders könnten hier beruhigt auch in Runde 2 oder 3 zugreifen. Dennoch ist Kenyon Green einer derjenigen, der mit viel Glück genau in die range fallen könnte, in der die Raiders draften. Weil die Raiders es lieben sogenannte "football guys" zu draften, könnte Green ein idealer Pick sein. Er verfügt über ausgesprochene Football Intelligenz und eine ausgeprägte work ethic. Das A und O, um heute in der NFL erfolgreich zu sein! Sein kick slide ist großartig und er verfügt über genügend Schnelligkeit auch Defender im 2nd level zu blocken. Vor Kurzem wurde Green zum Co-Offensive Lineman of the Week gewählt und zudem für die All-American-Auswahl zur Saisonhälfte nominiert. Als ehemaliger 5-star-recruit ist er auf einer Lineman freundlichen Uni wie Texas A&M sicher perfekt aufgehoben. Bei Green kann man nichts falsch machen und ich würde dringend empfehlen einen Spieler wie ihn zu holen, wenn man im O-Line rebuild einen neuen Stamm an jungen College Schergen heranzüchten will, die gegen die besten ihres Fachs gespielt haben.