Der Abgang von Henry Ruggs hat eine große Lücke auf der Wide Receiver Position hinterlassen und die Raiders kommen nun unerwartet in Bedrängnis. Die WR Gruppe ist dünn besiedelt und neben Renfrow, Edwards und Zay Jones wurden nun Marcell Ateman und Dillon Stoner vom practize squad in den active roster berufen. Dennoch müssen sich die Raiders zwangsweise verstärken, wenn sie ihre Playoff- Ambitionen ernst nehmen oder dieses Jahr um den Titel in der AFC West mitspielen wollen. Die Trading Deadline wurde verpasst bzw. war man nicht bereit in einem Trade einen eventuell hohen Preis zu zahlen. Jetzt sind mit DeSean Jackson und Odell Beckham Jr. zwei Spieler freigestellt worden, die umgehend die Gerüchteküche zum brodeln brachten. Warum sich die Raiders für einen der beiden bewusst nicht entscheiden sollten, wird im Folgenden kurz beleuchtet.
Zunächst muss betont werden, dass wohl beide im Allgemeinen ein signing wert sein sollten. DeSean Jackson, der letzte Woche von den Los Angeles Rams entlassen wurde, ist zwar mit seinen 35 Jahren schon etwas ins Alter gekommen, stand aber wohl bereits mit den Raiders in Kontakt. Beide Parteien sollen per Zoom Call gesprochen haben und es wird gemunkelt, dass wohl bis Montag eine Vertragsunterzeichnung möglich wäre. Offiziell bestätigt wurde das noch nicht, es ist allerdings davon auszugehen, dass D-Jax ein scheme fit sein könnte, also jemand, der ins Spielkonzept des Trainerstabs passt und eine teamdienliche Rolle übernehmen könnte. An Erfahrung mangelt es Jackson wahrlich nicht. Den Zenit hat er wahrscheinlich schon überschritten, dennoch ist noch einiges left in the tank. So konnte Jackson in sieben Partien diese Saison immerhin 221 yards bei acht gefangenen Pässen und einem Touchdown landen.
In einem vollgespickten WR room mit Cooper Kupp, Robert Woods, Van Jefferson und Rookie Tutu Atwell war allerdings am Ende kein Platz mehr für Jackson und der Blockbuster-Trade für Von Miller hat die Rams zudem dazu gezwungen Geld zu sparen. Dennoch konnte man immer noch sehen, welch guten Football Jackson noch spielt. Er bekam zwar immer weniger Snaps in den letzten Wochen, wurde aber meistens bei tiefen Pässen gebracht und seine 27,6 yards pro Versuch sind ein deutlicher Beleg für seine Fähigkeit als deep threat. Das ist eigentlich genau das, was die Raiders suchen, denn was Ruggs schon gut konnte, nämlich das Feld vertikal zu ziehen, ist einer der Haupttalente Jacksons. Dies konnte er zwar die letzten Jahre nicht mehr unter Beweis stellen (in den letzten drei Jahren fing er bei Philadelphia und den Rams nur 33 Pässe), aber ein oldschool Receiver wie er kann es immer noch zu annehmbaren Zahlen bringen, wenn er in Situationen geworfen wird, in denen er Verantwortung hat. Bestes Beispiel ist da immer Steve Smith, ehemaliger Receiver der Carolina Panthers, der auch mit 39 noch performen konnte. Die Rams mussten vor der Saison einen ordentlichen Preis für Jackson zahlen. Inklusive Boni war sein Vertrag auf 6,25 Mio. $ dotiert, davon ungefähr 4,5 Mio. $ garantiert mit in game Boni. Die Raiders müssten einen Großteil der vollgarantierten Summe von 2,75 Mio. $ übernehmen, sowie weitere Zahlungen, was sie letztlich wahrscheinlich um die drei Millionen Dollar kosten würde. Angesichts ihres noch großen Salary Caps dürfte das kein Problem werden. Ein einjähriger prove it-deal wäre hier wohl angemessen.
Ein grundlegend anderer Vertrag wäre da wohl der von Odell Beckham Jr. Beckham, der von den Cleveland Browns freigestellt wurde, nachdem er sich offensichtlich dort mit Headcoach Stefanski übernommen und zudem seit längerem sein Verhältnis mit Quarterback Baker Mayfield beklagt hatte. Odell Beckham brachte es diese Saison in sechs Spielen in 232 yards bei 17 receptions und keinem Touchdown. Letzte Saison, in der Beckham überwiegend verletzt war, machte er in sieben Partien 319 yards, einzig seine erste Saison in Cleveland, die er auch voll absolvierte, fing er 1035 yards bei vier Touchdown. Letzteres ist für einen Spieler, der sich selbst zu der Liga-Elite zählt, doch auch recht wenig. Würden die Raiders Beckham Jr. verpflichten, wäre es ein deutlich kostspieligeres Unterfangen. Beckham, der im letzten Jahr seines 95 Mio. $ Vertrags, den damals die New York Giants initiierten, steht, würde die Raiders allein für den Rest der Saison 7,25 Mio. $ kosten.
Aber wahrscheinlich würde sich seine Verpflichtung auf die Finanzplanung der kommenden Jahre ebenfalls drastisch auswirken. Beckham Jr., der bei einem Playoff-Team spielen will, das um den Super Bowl konkurrieren kann, wird keinen Ein-Jahres-Vertrag unterschreiben, er sucht nach wie vor das Big Money. Ein Spieler mit seinem Namen und mit seinem footballerischen Talent ist im Gegensatz zum "Auslaufmodell Jackson" ein blockbuster-würdiger Gassenhauer und man kann getrost davon ausgehen, dass man ihm bei einem Vertrag über zwei oder drei Jahre jährlich um die 10 bis 15 Mio. $ zahlen müsste. Außer Beckham und die Raiders könnten sich beide mit einem einjährigen Intermezzo zufrieden geben. Da dies wohl nicht geschehen wird, ist ein Beckham Trade mit einigen anderen Abwägungen verbunden.
Da wären beispielsweise die vielzitierten charakter issues, die man Beckham unterstellt. Und was er ja in New York bereits eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat. Und die Raiders kommen ihrerseits gar nicht klar mit egozentrischen Spielern. Ein Derek Carr könnte mit Sicherheit Einfluss auf Beckham nehmen, aber bereits die Verpflichtungen von Antonio Brown und Trent Brown haben gezeigt, dass sich das Risiko häufig nicht lohnt und ein großer Preis, der "in der Not" gezahlt wird, einem im Nachhinein betrachtet die Grundlage für weitere Jahre entziehen kann. Klar, die Raiders sind im "Win now"- Modus und Beckham Jr. könnte in so einem Team vielleicht tatsächlich an alte Zeiten anknüpfen und in Antonio Brown- Tom Brady- Manier ein Team finden, das ihm eine Chance gibt und er es ihm mit guten Leistungen dankt. Aber eben auch nur vielleicht.
Im kommenden Jahr sind einige Free Agents auf dem Markt, für die die Raiders traden könnten. Unter anderem Davante Adams, von dem Derek Carr geradezu schwärmt und dessen Zukunft in Green Bay wahrscheinlich mit Aaron Rodgers stehen und fallen wird. Man könnte dann zu einem annehmbaren Kosten-Risiko-Verhältnis eine Langzeitlösung auf dem Wide Receiver Spot finden und sich zudem im Draft nach neuen Talenten umsehen. Klar ist Odell Beckham Jr. immer noch bei der jüngeren Generation beliebt, weil er durch seine Social Media Exzesse ein breiteres Publikum hat, als Mega-Star gilt und dies auch nicht verheimlicht.
Wenn man zweimal nachdenkt, ist seine Verpflichtung aus Sicht der Raiders ein Risikowagnis der besonderen Art. Es sei zudem angemerkt, dass Spieler, die bereits bei ein oder zwei Teams wegen charakterlichen Eskapaden in Ungnade gefallen waren, meistens auch im dritten Anlauf nicht dahin zurück kommen wo sie herkamen. Und dass Beckham Jr. noch eine Reihe von Saisons mit über 1200 yards und +10 Touchdowns haben wird, ist doch mehr als fraglich. Würde man hingegen Jackson verpflichten, so würde man einerseits deutlich Geld sparen, andererseits einen Spieler bekommen, der mit seiner Erfahrung die junge, talentierte WR Gruppe fördern könnte und immer noch so gut wäre, dass man sagen könnte, der Ruggs Ausfall sei kompensiert und die Playoff Chancen auch trotz seines Weggang noch ungetrübt. Wie immer zählt, dass American Football ein Teamsport ist. Und so nahe, wie das Feld beieinander liegt, können große Stars heute noch kommen, morgen schon aber untergehen.
Raiders, don't do the same mistakes again!