Die Verpflichtung von WR DeSean Jackson und die Entlassung von CB Damon Arnette verdeutlichen eine "neue Personalpolitik" der Raiders, die unter Gruden aller Wahrscheinlichkeit nach so nicht stattgefunden hätte. Es wird immer deutlicher, welch große Einflussnahme Jon Gruden auf Spielertransfers und den Draft hatte. Überraschend ist dies nicht. Dass es seit diesem Jahr anders gemacht wurde ist dafür umso erfreulicher.

Damon Arnette ist kein Raider mehr. Der Erstrunden- Draftpick aus der Saison 2020 wurde Opfer seiner Social Media- Exzesse - oder besser gesagt, seiner eigenen Dummheit. Es gehört schon viel dazu, sich kurz nach dem tragischen Unfall von Henry Ruggs bei Instagram so einer größeren Audienz zu präsentieren. Wer es nicht mitbekommen hat, Arnette postete ein Video, in dem er, mit Waffen posierend, einem Fan drohte, ihn zu töten. Dabei hört man ihn mehrmals sagen: "N-----, I will kill you". Dass dieser Müll unter Umständen gar nicht Ernst gemeint war, okay, in heutigen TikTok-Zeiten zählen Klicks und der Slang in dem Arnette spricht, ist dort wo er aufgewachsen ist keine Seltenheit. Dennoch: sowohl das Timing der Veröffentlichung nur Tage nach dem schweren Unfall vom mittlerweile entlassenen WR Henry Ruggs, bei dem eine 23-Jährige und ihr Hund brennend in einem Auto verstarben, als auch der "Content" an sich sind mehr als fragwürdig und zeugen von einer mangelnden Professionalität. Wer so einen Müll von sich gibt, muss mit Konsequenzen rechnen und es ist ein Segen, dass die Raiders sich kurz darauf seiner entledigten. Mike Mayock erklärte gestern bei einer Pressekonferenz, Arnettes Verhalten stünde diametral zu den Werten der Raiders und spiegelten nicht ansatzweise das, wofür die Franchise stünden. Ein erneuter Image-Schaden wurde durch die schnelle Reaktion zunächst einmal abgewendet. Nachdem kurz nach seiner Entgleisung auch noch Berichte ans Licht kamen, dass Arnette letztes Jahr innerhalb eines Monats in vier Auto-Unfälle verwickelt war und nun auf Schadensersatz verklagt werden soll, zogen die Raiders die Reißleine und feuerten Arnette.

Mayock erklärte, die Raiders wollten nicht negativ in der neuen Vegas- Community auffallen und stünden nicht für das, was Arnette repräsentiere. Und in der Tat muss man ihn dafür belangen, erklärte Mayock doch zudem, es sei nicht der erste off-field-issue gewesen und man habe über längere Zeit versucht Arnette in seiner schwierigen Lebenslage zu helfen, sei aber über längere Zeit gescheitert. 

Rein sportlich gesehen tut der Verlust von Arnette nicht weh. Er gehörte zu den unsicheren Faktoren im defensive backfield der Raiders, konnte seinem Erstrunden-Status nie gerecht werden und fiel zudem vor wenigen Wochen aus. Viel mehr weh tut, dass er überhaupt gedraftet wurde. Die Entscheidung Arnette mit dem 19.Pick des 2020er NFL Drafts zu holen, erzeugt damals einige head scratcher, waren doch zu dem Zeitpunkt einige andere Talente verfügbar. So wurde die 2020er draftclass der Raiders allerdings zum Desaster. Von den sieben Spielern, die damals geholt wurden, befinden sich heute nur zwei in der Startformation (Edwards, Simpson), der Rest wurde getradet oder sah nie einen einzigen Snap für die Raiders. Noch schmerzlicher: mit Henry Ruggs und Arnette sind nun keine der beiden 1st rounder mehr an Bord.

Einer, der maßgeblichen Einfluss auf das Draftgeschehen hatte, nämlich Ex-Trainer Jon Gruden, "brillierte" in der Vergangenheit immer wieder mit unseriösen Entscheidungen auf Personalebene. Kürzlich äußerten sich immer mehr Spieler und ehemalige Raiders über die große Einflussnahme Grudens. So hätte er 51% Entscheidungsrecht gehabt, General Manager Mayock nur 49%. Andere mockierten seinen autoritären Führungsstil. Fest steht: Gruden war das System und jetzt, da er weg ist, erkennt man augenscheinliche Änderungen, sowohl auf dem Platz, als auch auf Seite des Personalmanagements.

Die Raiders zögerten keine Sekunde, Arnette nach diesem Verhalten zu entlassen. Las Vegas zählt aufgrund seiner sich bietenden Möglichkeiten, allen voran in der Unterhaltungsbranche, zu denjenigen Sportstätten, die für den ein oder anderen sicherlich im Exzess enden können. Folglich ist man gut beraten, sich Spieler zu suchen, die eine hohe Anforderung an sich selbst stellen, mental klar zu sein und sich nicht auf Geplänkel abseits des Feldes einlassen. Die Annahme, Gruden würde eher character guys draften, scheint zudem im Fahrwasser der Vorfälle unterzugehen. Ein Großteil seiner Entscheidungen führte zu verschwendeten Picks, underperformenden Veteranen oder Experimenten mit Exzentrikern, die dem Team mehr schadeten, als helfen konnten.

Klar, es gab neben reach picks und Diven a la Antonio Brown auch positive Beispiele. Spieler wie Maxx Crosby oder dieses Jahr Hobbs oder Moehrig zeigen, dass in den hinteren Runden oftmals Juwelen gefunden werden konnten. Dennoch überwiegt die Enttäuschung und das "was wäre, wenn wir anders gedraftet hätten".

Die Raiders reagierten sowohl bei Ruggs, als auch bei Arnette sofort. Der gnadenlose Umgang mit Verfehlungen derart zeigt aber, dass man es ernst meint mit dem Projekt Vegas und dass man schon früh abstecken will, was man dort eben nicht haben will. Und das sind vandalierende oder frühreife Burschen, die mit ihrer Unprofessionalität und falschen Entscheidungen der Mannschaft auf lange Sicht schaden. Das hat man schnell bei Antonio Brown oder Trent Brown erkannt und setzt dies nun konsequent weiter um. Lieber einen guten Spieler verlieren oder einen guten Spieler nicht holen, dafür aber weniger Risiken eingehen.

Auch die Verpflichtung von DeSean Jackson zeigt, dass die Raiders aus der Situation gelernt haben. Wer will einen Spieler wie Odell Beckham Jr., der mit seinen antics provoziert und scheinbar nur gut spielen will, wenn alles auf ihn ausgelegt ist? Die NFL ist eine Rechtsmaschine und die heutigen Spielerverträge berücksichtigen nicht zwangsweise alle Wünsche der Stars. Dennoch fragt man sich, ob die jungen Burschen bei zweistelligen (oder seit neuestem ja sogar dreistelligen) Millionenverträgen nicht auch ein bisschen auf ihre selbst gesetzten Standards verzichten können. Jemand, der 50 Millionen plus in 3 bis 4 Jahren macht und dann Lustlosigkeit und mangelnde Disziplin zeigt, nur weil er bei dem und dem Team nicht spielen will, der hat in meinen Augen diese Bezahlung auch nicht verdient, sollte sich vielmehr vor der Öffentlichkeit (die meisten Fans z.B. leben von Peanuts verglichen mit dem, was dort umgesetzt wird) schämen.

DeSean Jackson wurde nun statt OBJ geholt, etwas wofür ich die Raiders ausdrücklich lobe. Jackson war zwar früher auch ab und an als bad boy bekannt, wenn dies auf dem Feld geschieht, ist es dennoch etwas grundlegend anderes. Wichtiger ist hierbei, dass sich die Raiders der Verlockung widersetzten, einen Starspieler zu holen und mit Jackson einen Speedster verpflichteten, der mehr in das Spielsystem passt. Jackson ist als field stretcher bekannt und mit seiner Schnelligkeit bei tiefen Pässen einsetzbar. Zudem dürfte er deutlich erschwinglicher sein als Beckham.

Was man erkennen kann, die Raiders setzen dieses Jahr deutlich mehr auf den Konsens. Und auch auf das, was in der Fanbase seit Jahren gefordert wird. Man scheint das Augenscheinliche nun zu erkennen. Wobei man sich überhaupt fragt, warum Gruden, Mayock und Co. so viele schlechte Personalentscheidungen treffen konnten. Immerhin wurden diese Saison im Draft und der Free Agency größere Mannschaftslücken komplementiert, gerade auf der CB Position, dem backfield und der D-Line konnte man einiges kompensieren, was einem in den letzten Jahren zu schaffen machte.

Dies liegt aber auch unter anderem am Druck, der auf Grudens und nun auch auf Mayocks Schultern lastete. Mark Davis drohte schon vor der Saison, dass es bei weiterer Erfolglosigkeit für das Duo Gruden-Mayock bald zu Ende gehen könnte. 

Dass die Raiders jetzt klügere Entscheidungen treffen liegt allerdings nicht am Druck von außen. Es ist allen voran eine Konsequenz aus den offensichtlichen Fehlentscheidungen und dem Verhalten gegenüber einem Konsens, der den Verantwortlichen schon lange hätte suggerieren sollen, in welche Richtung man gehen will. Die Tatsache, dass Mayock nun mit mehr Entscheidungskompetenzen ausgestattet ist und Grudens Fingerabdruck nicht mehr ganz auf dem Team liegt, ist ein Resultat von einem längeren Prozess, den wir alle beobachten konnten und an deren Ende wir uns immer noch fragen: Warum habt ihr nicht früher auf uns gehört?

Die neue Personalpolitik der Raiders könnte sich in Zukunft wirklich mehr an sogenannten team needs orientieren und einer umfangreicheren Kosten-Nutzen-Kalkulation unterworfen sein. Spieler, die durch private Exzesse und kindische Aktionen auffallen, dürften es deutlich schwerer haben und allen voran wird man bei den kommenden Drafts nicht mehr auf Spieler setzen, die busten werden. Hoffen wir das beste!

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