Nach der beschämenden Niederlage der Raiders im Arrowhead Stadium am letzten Wochenende stehen die Zeichen in Las Vegas auf „Rebuild“. Die Willenlosigkeit bei der 49-9 Niederlage gegen die Chiefs offenbarte erneut, wie schlecht/unterbesetzt die Raiders derzeit auflaufen und wie viele langfristige Probleme sie mit sich schleppen. Grund genug sich schon mal Gedanken zu machen, wie es in der Off-Season weitergehen könnte. Im Gegensatz zu den Vorjahren verfügen die Raiders über einige Schlüsselspieler, die einen kompletten Rebuild des Kaders wohl obsolet machen werden. Ergänzungen und eine teilweise Restrukturierung auf einigen Positionen könnten ausreichen, um auch im kommenden Jahr zumindest wettbewerbsfähig zu bleiben. Im Folgenden werden jeweils fünf Spieler aus der Offensiv- und Defensivabteilung der Silver&Black porträtiert, die in der Zukunft das Grundgerüst der Mannschaft darstellen könnten und um die herum das Team aufgebaut werden sollte.
---Offense---
Hunter Renfrow
Renfrow zeigt in nahezu jedem Spiel welch ein Ausnahmetalent er hat. Im Vergleich mit Superstar Wide Receivern wie DK Metcalf oder AJ Brown sieht Renfrow wie ein Jugendlicher aus, der gerade seine erste Probeeinheit in der Mucki-Bude absolviert. Das Unscheinbare ist allerdings zu Renfrows Stärke avanciert. Kaum einer in der Liga ist so ein guter Route Runner wie er und niemand im Raiders Team zeigt konstant so gute Leistungen. In 13 Spielen fing Renfrow 86 Pässe für insgesamt 877 Yards und wird wohl der erste Receiver der Raiders werden, der dieses Jahr die 1000er Marke bricht. Seine immerhin fünf Touchdowns zeigen, dass Renfrow, der eigentlich Slot-Receiver ist, omnipräsent ist und in allen Spielsituationen eingesetzt werden kann. In den letzten drei Spielen machte er jeweils über 100 Yards (117 gegen KC, 102 gegen Washington und 134 gegen Dallas). Ein Lichtblick in der schwachen Raiders-Offense. Setzt man Renfrow einen weiteren Big Play Receiver zur Seite ist wohl kaum auszudenken, wie erfolgreich ein gesundes Receiving Corps bei den Raiders sein könnte.
Darren Waller
Waller wurde vor kurzem für den „Walter Payton NFL Man of the Year“-Award vorgeschlagen. Die Auszeichnung würdigt diejenigen NFL-Spieler, die sich abseits des Platzes für ihre jeweiligen Communities einsetzen und sozial relevante Projekte unterstützen und vorantreiben. Waller schaffte es in kürzester Zeit zu einer absoluten Führungsfigur neben, aber eben allen voran auf dem Platz zu werden. Seit seiner Knieverletzung vor zwei Wochen vermissen die Raiders ihn auch schmerzlich auf dem Feld. Der wohl schnellste Tight End der Liga (noch schneller als George Kittle) ist mit 643 Yards der zweitbeste Passempfänger des Teams, seine 53 gefangenen Pässe sprechen eine eindeutige Sprache. Waller zählt statistisch gesehen zu den Top 5 der Liga auf seiner Position, ohne die Verletzung wäre er ein Top 3 Kandidat. Foster Moreau, der Ersatz-Tight End der Raiders, wäre in wohl jedem anderen NFL Team in der Startformation. Allein dies zeigt, wie wertvoll der aktuelle Roster auf dieser Position ist. Waller muss unbedingt auch langfristig gehalten werden.
Andre James / Kolton Miller
James ist wie die gesamte O-Line schlecht in die Saison gestartet und noch immer ist kein Land in Sicht. Die Blocking-Unit stellt eine der schlechtesten der Liga dar. Aktuell gibt es wohl nur zwei Spieler, die diesem Trend entgegenstehen. Einer davon ist Andre James. Anfänglich hatte James leichte Abstimmungsprobleme mit Derek Carr. Kein Wunder, ersetzte James, ausgestattet mit einem 3-Jahres-Vertrag für um die 20 Mio. $, doch den Langzeit-Raider und mehrfachen Pro Bowler Rodney Hudson. Die Verjüngung der Position zeigt seit kurzem aber erste Früchte. James konnte sich immer besser behaupten. Obwohl seine Ratings konstant im Bereich unter 70 liegen, konnte James doch einige Anfängerfehler verbessern und ist mittlerweile legitimer NFL Starter. Kurios ist auch, dass er vom (Noch-) Offense Line Coach Tom Cable (eine Personalie, die ich am liebsten vom Hof treiben würde) überhaupt als Center aufgestellt wurde. Der 2019er undrafted free agent (!) wurde nämlich vor der Saison spontan in diese Rolle beordert, war vorher auf der Tackle Position am College eingesetzt. Diese schnelle, druckvolle Transition sollte auf jeden Fall gewürdigt werden. Anders verhält es sich bei Kolton Miller. Miller, Left Tackle, ist einer der besten der NFL und ein Grund, warum Derek Carr nicht noch häufiger das Zeitliche auf dem Feld segnen muss. Miller ist ein absoluter Führungsspieler. James und Miller sind wohl die einzigen Personalia, die den kommenden O-Line Rebuild überleben werden. Und Leatherwood. Aber auch nur, weil er noch Rookie ist.
Derek Carr
Dass Derek Carr hier genannt wird dürfte manchen KritikerInnen wohl nicht so recht kommen. Dennoch: Carrs Vertrag läuft erst nach der kommenden Saison aus und wenn die Raiders sich gegen einen Trade entscheiden, wird Derek wieder für Las Vegas auflaufen. Seine zuletzt schlechten Zahlen gelten für manche als Beweis seiner Unfähigkeit das Team in schwierigen Situationen anzuführen, sie täuschen aber über viele Probleme hinweg, die die gesamte Mannschaft betreffen. First of all: den Head Coach und zugleich den top Receiver innerhalb weniger Wochen zu verlieren ist schwer zu kompensieren. Second of all: hinter einer O-Line aufzulaufen, deren ältere Recken (Incognito) das Gros der Saison verletzt sind und deren jüngere Talente (Leatherwood, Parker etc.) auf ganzer Linie underperformen, ist für keinen QB ein Zuckerschlecken. Und third of all: es gab in der NFL bereits mehrere Beispiele von herausragenden Quarterbacks, die aufgrund schlechter anderer Mannschaftsteile Rückschläge in ihrer Karriere erleiden mussten. Bestes Beispiel: Matthew Stafford, der jahrelang in Detroit gefühlt der einzige Lichtblick war. In seinem neuen Team (LA Rams) sieht man Stafford eigentlich wie gewohnt in Gunslinger Mentalität – nur eben mit einem deutlich positiveren Outcome. Insgesamt erscheint es daher von Vorteil, dass die Raiders Carr in der kommenden Saison seine viel zitierten „weapons“ zur Verfügung stellen. Sollte Carr auch mit diesen erfolglos bleiben, könnte sein letztes Vertragsjahr den Beweis erbringen, dass man jahrelang auf einen QB gesetzt hat, der in entscheidenden Momenten versagt.
---Defense---
Maxx Crosby/Yannick Ngakoue
Einer der, wenn nicht gar DER beste Spieler in unserem Kader ist zweifelsohne Maxx „Mad Maxx“ Crosby. Pro Bowl Nominierung, nur eine Sache der Makulatur. Defensive Player of the Year Award? In the mix! Der Raiders Pass Rush ist seit Jahren wieder aufgeflammt und die Raiders haben mit Ngakoue und Crosby den wohl besten der Liga. Zwar werden Crosbys sieben Sacks diese Saison noch von einigen anderen getoppt, kaum einer hat allerdings mehr Pressures auf gegnerische Quarterbacks erzeugt wie er (zweitbester der Liga). Seine QB „hit rate“ ist enorm hoch, insgesamt 16 mal berührte er den gegnerischen QB, das sind satte zweimal pro Spiel. Crosby ist omnipräsent, spielt jedes Down mit vollem Einsatz und macht kaum Fehler. Von PFF hat er deswegen bisher ein 90,9 Rating bekommen. Nur zum Vergleich: der Liga-Gigant Aaron Donald ist mit 93,7 der beste Defender in der NFL. Crosby über Jahre im Team zu halten sollte die oberste Priorität darstellen, was die Defense anbelangt. Unglaublich: Crosby ist erst 24 Jahre alt und ist noch nicht einmal in seiner „Prime“. Ein weiterer Grund ihn als Schlüsselspieler der Raiders zu sehen, um den herum der zukünftige Kader aufgebaut wird.
Neben Crosby ist hier natürlich auch Yannick Ngakoue zu nennen, der Crosby eigentlich in nichts nachsteht. Ngakoue toppt Crosby sogar bei den Sacks (9) und sagt von sich selbst, dass er „a Raider for life“ sein möchte. Sein 26 Mio. $ Vertrag läuft auch noch im nächsten Jahr und es wäre keine Überraschung, wenn die Raiders diesen verlängern. Unter Crosby und Ngakoue könnten zudem jüngere Spieler ideal heranwachsen. Erste Kostproben gab es dabei schon von Malcolm Koonce, der mit jeweils einem Sack in den letzten beiden Spielen glänzte.
Nate Hobbs
Jaycee Horn? Patrick Surtain? Caleb Farley? Könnt ihr euch noch an die top Namen des letzten NFL Draft auf der Cornerback Position erinnern? Einer, der sie allesamt ausgestochen hat, wurde in der vierten Runde gedraftet. Geholt von den Illinois Fighting Illini, einem lower ranked college: Nate Hobbs. Bekannt für seine tadellose work ethic und sein hartes, wendiges Spiel, sowie seine mentale Disposition zum Footballspiel selbst. Hobbs hatte sein schlechtestes Spiel in Woche 10. Dort verschuldete er 70 Yards. Quasi nichts. Ansonsten haben wir immer nur Gutes gesehen, wenn der Name Hobbs fiel und die Tatsache, dass Hobbs zum Defensive Rookie of the Year gekürt werden könnte, spricht Bände. Nahezu jede Woche produziert Nate Hobbs gute Statistiken. Und das gegen sehr gute Wide Receiver, gegen die die Raiders bisher antraten. In den Cornerback Rankings steht Hobbs ligaweit mittlerweile auf Position 7, bei den Rookies gibt es positionsübergreifend kaum Leute, die eine bessere Saison spielten (außer vielleicht Micah Parsons, Creed Humphrey, Mac Jones oder Javon Holland). Und das, obwohl Hobbs erst mit dem 167. Pick im Draft geholt wurde. In der laufenden Saison hat der Slot-Corner bereits 63 Tackles gemacht (davon 43 solo), für einen Sack gesorgt, einen Fumble erzwungen, sowie eine Interception gefangen und mehrere pass deflections produziert. Nachdem die Raiders in den kommenden Jahren nie einen wirklich guten Slot hatten, steht mit Hobbs das Grundgerüst einer CB Unit, die zu den aufstrebenderen der Liga gehört. Und bis auf Hayward noch relativ jung ist. The future is here!
Casey Hayward
Casey Hayward stellt mit Moehrig, Mullen und Hobbs das Grundgerüst unserer Secondary. Wenn alle spielen merkt man deutlich, dass diese Behauptung nicht aus der Luft gegriffen ist. Die Raiders Secondary dominiert, wenn vollzählig und ohne Verletzungen. Hayward ist aufgrund seines Alters mit Sicherheit keiner, mit dem man langfristig planen kann, für zwei weitere Jahre reicht sein „tank“ allerdings locker noch aus. Die Raiders wären gut beraten Haywards Vertrag, der zum Saisonende hin ausläuft, zu verlängern. Andernfalls wird Hayward in der Off-Season einer der begehrtesten Free Agents werden. Die Verbesserung der Raiders Defense ist unter anderem seiner Standhaftigkeit zu verdanken. Hayward spielte in dieser Saison in 92% aller Versuche für die Defense und wird von seinen Teamkollegen (vor kurzem KJ Wright und Nate Hobbs) wegen seiner Führungsqualitäten gelobt. Nachdem Rookie Divine Deablo diese Woche durchblicken ließ, es gäbe in der Verteidigung einige Leute, die das Training nicht ernstnehmen würden, kann man für Hayward sagen, dass er wohl zum genauen Gegensatz tendiert. Seine Zuverlässigkeit, seine Instinkte und der kleine Rahmen, in dem er Fehler begeht, werden sehr geschätzt. Statistisch gesehen werden Receiver
Trevon Moehrig
Safety Trevon Moehrig ist eines der absoluten Ausnahmetalente in unserer Defense und die Raiders können sich glücklich schätzen ihn in der zweiten Runde des letztjährigen Drafts bekommen zu haben. Neben Nate Hobbs ist Moehrig damit wohl der Steal des Jahres und der Fakt, dass Moehrig bis vor einem Monat nur 21 Yards zugelassen hat kaum zu glauben. Er ist nach Hayward der Spieler, der in der Verteidigung die meiste Zeit auf dem Feld verbracht hat – und ihm gehört eine goldene Zukunft! Die nicht gefangene Interception gegen Washington, die den Raiders möglicherweise den Sieg gekostet hat, ist Moehrig nicht vorzuwerfen. Seine Unscheinbarkeit ist hingegen wohl ein Schlüssel zu seinem Erfolg. Kaum ein anderer Defense Spieler spielt so konstant wie Moehrig und bekommt gleichzeitig so wenig Aufmerksamkeit. In der gesamten Saison wurden nur 13 Pässe in seine Richtung geworfen, womit er mit NFL-Stars wie Jessie Bates auf einer Stufe steht. Lediglich im Tackling könnte Moehrig besser werden. Über 13% missed tackles – ein zu hoher Wert. Aber: absolut „coachable“, wenn es um die Zukunft geht.