Seit wenigen Tagen laufen die OTAs („Organized Team Activities“) der Las Vegas Raiders und die ersten Nachrichten könnten kaum besser sein. Positive Stimmen überall, wo man hinhört. Während die Spieler von der Arbeitsweise des neuen Trainerstabs begeistert sind (Derek Carr liebt das neue System; Safety Tre’von Moehrig schwärmte vom neuen DC Patrick Graham, der seine Spieler als Co-Workers bezeichnet; Davante Adams sprach von seiner Time of my life), stellen die Übungsleiter ihren neuen Schützlingen bereits wertvolle Prädikate in Aussicht. Die Spieler verstünden langsam, worauf es in der neuen Grande Strategy ankommt. Folglich stehen die ersten Übungseinheiten im Zeichen des Wettbewerbs und insbesondere die Offense Line sticht hier heraus. Im Folgenden eine kurze Status-Meldung und mögliche Szenarien, wie die O-Line 2022 aussehen könnte.

Die Raiders O-Line machte in den letzten Jahren eine der größten Transitionen durch, die eine Positionsgruppe überhaupt mitmachen kann. Von der Creme-de-la-Creme der Liga zu einer unterentwickelten, weil unerfahrenen und ausgetauschten, Unit, über die spekuliert wurde, dass sie keine weitere Saison in dieser Zusammensetzung auflaufen könne. Seit Wochen spekulieren Anhänger der Silver&Black über Neuzugänge (Stichwort Daryl Williams!), es passiert aber nicht wirklich viel. Die O-Line ähnelt in ihren Grundzügen der des letzten Jahres. Einzig die Neuzugänge Alex Bars, Tyrone Wheatley Jr., Jackson Barton, Hroniss Grasu und Jordan Meredith wurden als Verstärkungen geholt, sie alle gelten aber als Spieler für die Kader-Tiefe. Im Draft schlug Vegas mit seiner ersten Selektion in der 3.Runde zu und holte mit Dylan Parham einen athletischen Versatility Guard, komplementiert vom Siebt-Runden-Pick Thayer Munford und dem Unrestricted Free Agent Bamidele Olaseni. Keine großen Namen, keine überdurchschnittlichen Starter, lediglich Makulatur auf dem Papier. Im Raiders-Building verlässt man sich also auf einen Fundus an Eigengewächsen und fokussiert sich auf zwei Dinge: Player Development und Competition. Die O-Line des kommenden Jahres ist allen voran ein Produkt der Visionen McDaniels. Und in diesen Visionen scheint er Dinge zu erkennen, die seine Vorgänger entweder nicht erkennen wollten oder schlicht und einfach zu unfähig waren sie umzusetzen. Sonst ließe sich nicht erklären, warum bis auf Parham eigentlich fast komplett auf Alt(un)bewährtes zurückgegriffen wurde. Ein Hauptgrund könnte darin liegen, dass McDaniels andere Qualitäten in den einzelnen Spielertypen sieht als bspw. unser ehemaliger O-Line-Coach Tom Cable. Cables Zone-Blocking-Scheme wurde in den letzten Jahren immer wieder kritisiert. In Alex Gibbs-scher Manier liefen die Raiders immer und immer wieder eine Handvoll Plays, meistens Wide Zone, häufig aber auch Inside Zone, selten nur – so gut wie gar nicht – Power 0 oder Counter Plays und schon gar keine Draw-Plays, da man Derek Carr insbesondere in der letzten Saison fast ausschließlich Under-Center gesehen hat. Zone-Blocking braucht dabei technisch versierte Blocker, eher seltener große, schwere Masse-Spieler. Eigentlich erwarteten wir uns diese technische Versiertheit auch von unserer letztjährigen Gruppe, Alter und der Mangel an Veteran Leadership machten die Unit am Ende aber zu häufig anfällig und die Battles at the LOS wurden auch verloren, weil die Gegner der Raiders starke, schnelle Spieler hatten, die meist den entscheidenden Read machen konnten und ihre Assignments ausspielen konnten. Dass McDaniels den Großteil der Line behalten möchte, verdeutlicht eindeutig sein Commitment und das Vertrauen, das er der Gruppe schenkt. Und McDaniels hat athletische Spieler, die vielseitig einsetzbar sind. Die Besetzung der O-Line hängt stark von dieser Vielseitigkeit ab und es kommt McDaniels wohl nicht auf die Fixierung bestimmter Spieler an bestimmte Positionen an, er will durchtauschen und seine 5 Best Guys einsetzen, egal wer wo wie gut spielt.

Training Camp Battles

Der Wettbewerb um jede Position soll hier den Ausschlag geben. Beispiele? Zu Beginn der OTAs bekam Dylan Parham Reps im 1st Team als Right Guard und wechselte im 2nd und 3rd Team auf Center. Alex Leatherwood scheint, nachdem er letzte Saison auf Right Guard wechselte, wieder auf den Right Tackle Spot zu schielen. Dieser ist allerdings hart umkämpft, denn am Ende der ersten Woche startete dort Brandon Parker, Leatherwood wechselte auf Guard und Parham bekam Snaps auf Left Guard. Dort könnte er sich ein Camp Battle mit John Simpson liefern. Hroniss Grasu, der auf dem Papier etwas untergegangen war, spielte zeitweise Center als Backup für Andre James. Und: vergesst Denzelle Good nicht! Er war den Großteil der OTAs nicht anwesend, wird aber definitiv auch eine Rolle spielen. Rotation ist das Gebot der Stunde und die Raiders O-Line ist mit folgendem Prädikat ganz gut zu beschreiben: Work in Progress. Bis auf Kolton Miller auf Left Tackle ist noch kein Spieler gesetzt und um jede Position kann nun gekämpft werden, was dem jungen Roster einiges abverlangen wird. Dies betonte auch der neue Offensive Line Coach Carmen Briscillo, dessen Philosophie es sei, der junge Corps ins kalte Wasser zu werfen. Drei Dinge stünden dabei im Vordergrund: „Being smart, tough, play the best football when it counts to us.“ Es ist also für den nötigen Wettbewerb gesorgt und wir können gespannt sein, welche Raiders sich am Ende durchsetzen und wer sich noch etwas gedulden muss.

Mögliche O-Line-Lineups

Im Folgenden werden verschiedene Lineup-Möglichkeiten skizziert, also diejenigen Aufstellungs-Varianten, die ich für die Raiders am sinnvollsten halte. Einige Optionen, die ein Gros der Spieler berücksichtigen:

Option 1

LT: Kolton Miller – LG: John Simpson – C: Andre James – RG: Dylan Parham – RT: Alex Leatherwood

Option 2

LT: Kolton Miller – LG: Dylan Parham – C: Andre James – RG: Alex Leatherwood – RT: Brandon Parker

Option 3

LT: Kolton Miller – LG: Denzelle Good – C: Andre James – RG: Dylan Parham – RT: Alex Leatherwood

Option 4

LT: Kolton Miller – LG: Bamele Olaseni – C: Andre James – RG: Alex Leatherwood – RT: Brandon Parker

Option 5

LT: Kolton Miller – LG: Dylan Parham – C: Andre James – RG: Jermaine Eluemunor – RT: Alex Leatherwood

Option 6

LT: Kolton Miller – LG: Jermaine Eluemunor – C: Andre James – RG: Dylan Parham – RT: Alex Leatherwood

Option 7

LT: Kolton Miller – LG: Denzelle Good – C: Andre James – RG: Alex Leatherwood - RT: Jermaine Eluemunor

Mögliche Verstärkungen

Je nachdem ob das neue Regime mit den Vorbereitungen zufrieden sein wird, kann man zum Ende der Off-Season nochmal auf dem Transfermarkt zuschlagen. Weitere Cuts werden kommen und spontan könnten sich noch gute Möglichkeiten ergeben. Ich glaube allerdings, dass die Raiders sich maximal noch auf Right Tackle verstärken werden. Das bisherige Spieler-Karussell birgt eigentlich genug Chancen für unser bisherigen Personal. Dennoch ein kurzer Blick auf mögliche Free Agents, die jetzt schon verfügbar wären (in Listenform):

Daryl Williams, RT

Riley Reiff, RT

Quinton Spain, LG

Cameron Clark, LG

Laurent Duvernay-Tardif, RG

Ähnliche Beiträge

Kommentar verfassen