Die Raiders mausern sich heimlich und setzen zum möglichen Late Run auf einen AFC Playoff-Spot an. Mit dem 27-20 Erfolg am gestrigen Abend gegen die LA Chargers fuhr Vegas den dritten Sieg in Folge ein und muss in den verbleibenden fünf Spielen zwei Siege aufholen, um den begehrten Qualifikations-Platz zu erreichen. Welche Lehren ziehen wir aus diesem Rivalry Matchup? Meine Top-5.
1. Die Defense schlägt zurück und gibt Lebenszeichen
Einen großen Anteil am Sieg hatte gestern die Defense. Neben Rückkehrer Nate Hobbs, der sich schnell wieder ins Team einfügte, überzeugte überraschend einer, den wir schon nahezu abgeschrieben hatten: Chandler Jones. Der schwer bezahlte Edge Rusher sorgte bei insgesamt 6 Tackles für satte 3.0 Sacks und 5 QB Hits. Jones, der in den letzten Wochen in die Kritik geraten war, steuerte zudem eine Pass Deflection bei und verhinderte mit über 10 Pressures auf Justin Herbert das Voranschreiten der Chargers Offense, die gerade in der zweiten Halbzeit wieder ins Spiel zurück zu kommen schien. Ex-Chargers Jerry Tillery zeigte in seinem dritten Spiel für die Raiders einmal mehr, warum die D-Line immer besser mit dem neuen System zurecht kommt. Selbst Clelin Ferrell und Matthew Butler konnten mit jeweils 0.5 Sacks zum Erfolg beisteuern, Isiah Pola-Mao’s Sack führte zu einem Raumverlust der Chargers für neun Yards. Die Defense war in mehreren Situationen in der Lage, LA am Aufbau zu limitieren und konnte ihre Energie bis zum Schluss aufrecht erhalten. Diszipliniert gingen die Raiders ebenso zu Werke. Im gesamten Spiel bekamen die Raiders nur drei Strafen für insgesamt 33 Yards. Alle drei fielen auf die Defense und dennoch: sie sorgte heute dafür, dass die Offense die nötigen Chancen bekam, Punkte aufs Board zu bringen.
2. Die Offense auf dem Weg zum Elite-Grading
Während die Defense sich ab Saison-Mitte gesteigert hat, bringt die Offense mittlerweile konstant gute Leistungen, zwei unserer Stars sind weiterhin auf Hall-of-Fame-Level unterwegs. Josh Jacobs lief nach seinem 303-Yd.-Monster-Game gegen Seattle für 144 Yds. on the ground und einen Touchdown. Josh McDaniels überraschte einmal mehr mit der unausgeglichenen Anzahl an Reps. Während Jacobs 26 Carries bekam, erhielt Zamir White nur in zwei Läufen die Chance etwas zu zeigen. Jacobs führt die NFL mittlerweile mit 1.303 Lauf-Yards an, bei einem Durchschnitt von 108.6 Yards pro Spiel (10 TDs). Der Zweite (Nick Chubb) in der Wertung läuft durchschnittlich 15.3 Yards pro Spiel weniger (!!!) als Jacobs, der sich auf dem Weg zum Career Year befindet. Der Spieler des Spiels dürfte für die Offense allerdings Davante Adams sein. „Tae“ fing 177 Yards und scorte zwei Touchdowns, womit er seine Saison-Bilanz auf 1.176 Yards steigern konnte und nun mit Travis Kelce die Liga mit 12 Touchdowns anführt. Adams ist damit erst der achte Spieler der Franchise-Geschichte, der in 12 Spielen 1.000 Yards überbietet. Der letzte war Jerry Rice 2002. Die Performances von Jacobs und Adams zeigen erneut, warum die Offense auf gutem Weg ist, sich in vielen Bereichen das Prädikat „elite“ zu verdienen, allen voran kann man gespannt sein, ob sie bei einer Rückkehr von Darren Waller und Hunter Renfrow weiterhin auf diese Weise abliefern kann. Weitere Notiz: Mit seinen mittlerweile 21 Touchdowns ist Derek Carr der nur sechste Spieler der NFL-Geschichte, der in den ersten neun Karriere-Jahren in jeder Saison mindestens 20 Touchdowns anheimste. Vielleicht noch nicht Hall-of-Fame-reif, aber die Offense ist zumindest derzeit in der NFL on top!
3. McDaniels besser als gedacht
Die Mannschaft reift. Und mit ihr ihr Coach, der die Kritik am verkorksten Saison-Einstand am heftigsten zu spüren bekam. Josh McDaniels war augenscheinlich gezwungen, sein System nicht in Gänze dem Team aufzustülpen. Im Gegenteil, es scheint, als lerne er weiterhin, am eigenen Playcalling Anpassungen zu treffen, um die Stärken der Spieler besser in Szene zu setzen. Gegen LA wurde ganz klar sichtbar, womit man am besten kalkulieren kann: 1. Jacobs viele Carries zu geben und 2. Davante Adams gegen die angeschlagene Chargers-D einzubinden (50% aller Targets gingen auf Adams!). Wiederholt gelingt es ihm aber auch, Leute wie Foster Moreau oder Mack Hollins in wichtigen 3rd Down Situationen freizuspielen. Auch personell erkennen wir Abweichungen vom Erwarteten: Unsere Vermutungen vor der Saison bzgl. eines Running Back Committees scheinen beispielsweise zerschlagen worden zu sein. McDaniels gibt dem Back die Hauptverantwortung, der mit Glanzleistungen antwortet. Und füttert ihn. Kreativ bleibt er gleichzeitig aber dennoch: Zum Beispiel beim zweiten Flea Flicker innerhalb von zwei Wochen, beide gekrönt durch Touchdowns – was will man mehr? Und von der schwindenden Vorhersage-Wahrscheinlichkeit seiner Plays mal ganz zu schweigen. McDaniels reift quasi im Progress und belehrt uns: hättet ihr mal nicht zu früh aufgeschrien! Während die Spieler selbst Mid Season noch vom hohen Schwierigkeitsgrad der Offensive- und Defensive Schemes sprachen, scheint McDaniels nach drei Erfolgen in Serie mittlerweile aber vor allem eines zu zeigen: er hat seine eigenen Gedanken, sein eigenes System, seinen eigenen Weg zum Erfolg. Und: dieser mag sich hinziehen, aber wir sehen Ansätze der Vision und die scheint, Stand Week 13, langsam immer mehr aufzugehen.
4. Addicted: Die Raiders brauchen den Thrill
Das McDanielssche System weist aber Charakteristika auf, die uns wöchentlich um den Verstand bringen können. Der Millimeter-Football, den ich vor Kurzem noch ansprach, ist weiterhin Realität. Der Locker Room zeigte, dass man verstanden hat, woran es den Raiders den Großteil der Saison über fehlte: Exekution! Die saubere Ausführung der Plays haperte anfang heftig, mittlerweile ist aber klar: wie in der Preseason ist der Gameplan der Raiders ein sehr fein abgestimmter Prozess, der auf unerwartete Ereignisse schwerfällig reagiert. In kaum einem Spiel schaffen es die Raiders vom Stigma des One Score Games weg zu kommen. Zum neunten Mal in dieser Saison trennte die Raiders nur ein Touchdown oder weniger von Sieg oder Niederlage. Die Bilanz in diesen Spielen: 3-6. Man kann also durchaus auch sagen, die Möglichkeiten auf eine positive Sieges-Bilanz waren durchaus gegeben! Eines ist sicher: die Raiders machen es spannend!
5. Never say never: Raiders wieder im Playoff-Rennen - This league is crazy!
Zwei Dinge sollten klar sein: 1. Nach dem versemmelten Saison-Auftakt sind die Erwartungen kaum mehr existent. 2. Bilanziert wird erst am Ende! Spätestens als die Raiders gegen die Colts verloren, dürfte die Raider Nation in den Beobachtungsmodus gefallen sein. Während einige schon von Tanking und der möglichen Carr-Ablöse sprachen, verlangten andere (einschließlich mir) die Entlassung von Trainer McDaniels. Nach dem Seattle-Sieg war klar: spielen wir, so gut wir können und schauen, was dabei raus kommt! Doch nach dem dritten Sieg in Folge scheint sich durchaus so etwas wie Playoff-Euphorie breit zu machen. Und: solange rechnerisch noch was möglich ist, sollten wir es auch versuchen! Insbesondere, da wir in den letzten fünf Saisonspielen von hochkarätigen Ausfällen profitieren werden. Während bei den Rams (Thursday Night Game, Freitag, 09.12.22, 02.15 Uhr) die halbe Bande (Stafford, Donald, Kupp, Robinson) ausfällt, verletzte sich 49ers QB Jimmy Garopollo gestern am Bein und fällt bis Saisonende aus. In Pittsburgh könnte man Rookie-QB Kenny Pickett eine schwere Anfangszeit bereiten und eigentlich haben nur die Patriots und Chiefs keine QB-Sorgen gegen Vegas. Die Silver&Black könnten als Nutznießer der Lage hervor gehen. Zwei Siege trennen die Raiders einem Playoff-Spot und in den kommenden Wochen sehen wir viele AFC-Duelle der Konkurrenz, die sich gegenseitig die Siege klauen kann. Mit einem 5-0 Late Season Streak stehen die Raiders sicher in den Playoffs, geht man jetzt 4-1 dann gibt es immer noch rechnerische Chancen. Halten wir fest: obwohl die Raiders in ihren Siegen gegen streitbar schlechtere Teams bzw. Teams mit Verletzungs-Sorgen angetreten sind, haben sie doch, wie man in Football-Kreisen sagt, das Momentum auf ihrer Seite. Zumindest können wir als Raiders Fans hoffen, dass wir bis zuletzt eine spannende Saison haben werden! Die Playoffs sind noch drin und nach dem letzten Jahr wissen wir, wie schnell der Traum real werden kann.