Future Diamonds III: Scouting Reports zu Brian Branch und Drew Sanders

Die Raiders beenden ihre Saison mit 6-11 Siegen und dürfen im kommenden NFL-Draft auf Position #7 ihren Spieler auswählen. Im Saisonverlauf offenbarten sich einige Kaderlücken, allen voran in der Defensive, die auf die Notwendigkeit verweisen, sich in der Offseason zu verstärken. Die anfällige Las Vegas Secondary avancierte dabei zu einem Problem, das (auch aufgrund von Verletzungen) geschrumpfte Linebacker Corps benötigt ebenso einige Upgrades. Heute stelle ich euch zwei Spieler vor, die von der Raiders nicht übersehen werden sollten, wenn es um die zukünftige Zusammenstellung des Teams geht: Alabama Safety Brian Branch und Arkansas Linebacker Drew Sanders.

Brian Branch, Safety, Alabama

Wer vor zwei Wochen das Spiel zwischen Alabama und Kansas verfolgte, der weiß: Brian Branch has it all! Branch war mit einer Interception, einem Forced Fumble, einem Sack und 4 TFLs bei 12 Tackles maßgeblich am 45-20 Sieg der Crimson Tide beteiligt. Sein Draft Stock schoss dadurch nach oben, doch viele Mock Drafts projecten Branch immer noch in der Mitte der ersten Runde. Ich gehe ein wenig weiter und sage: Branch ist Top 5/10 „Material“. Die Raiders draften seit letzter Woche offiziell an Position #7 und wenn ihr einen Kandidaten abseits der viel gepriesenen Strouds, Carters oder Anderson wollt: hier habt ihr ihn! Ich würde den #7-Pick für Branch ausgeben, getreu dem Motto: Take the best player on the board! Branch verkörpert den idealen modernen Safety Typus. Er spielte am College die meiste Zeit auf der STAR-Position, also als vorgezogener Safety mit OLB-Duties. Was Patrick Graham unweigerlich gefallen würde. Einen solchen Spielertyp brauchen die Raiders und Branch hat das Potential einer der ganz großen Safeties in diesem Jahrzehnt zu werden. Er ist ein Edge Setter, spielt brutal gegen den Run und physisch an der LOS. In der Coverage hat er meistens mit Tight Ends oder Slot Receivern zu tun und hält diese in Short- oder Intermediate Ranges unter Kontrolle. Kein Problem, denn bei Bama spielte er neben der Star-Position auch als SS oder FS. Ein Defender, den man überall spielen lassen kann mit Sideline-to-Sideline Ability und sehr guten Man-to-Man Skills. Versatility, hartes Spiel und seine Athletik machen ihn, gepaart mit einem High Motor und Konsistenz zu einem der top Picks des anstehenden Jahres. Er spielte letzte Saison knapp 750 Snaps, die Hälfte seiner 63 Tackles hatte er in der Laufverteidigung. Und dennoch kontributierte er mit sechs PBUs und einem gegnerischen QB Rating von 75.5 im Pass-Spiel. Für mich immer ein Zeichen der Güteklasse A: die Wahl in Feldmans Freaklist, auf der er in diesem Jahr den 62. Platz einnahm. Branchs Spiel ist durchzogen von Antizipation und einem natürlichen Instinkt für den Gegner. Er ist ausbalanciert im Backpedal, seine Direction Changes wirken explosiv und er zeigt eine tolle Übersicht bei der Lokalisierung von Bällen. Doch was ihn noch unaufhaltsamer macht: seine Geschwindigkeit. Branch lief diese Saison mit einem Maximal-Tempo von 22.3 MP/H. Schneller als jeder NFL Wide Receiver in der kompletten Saison 2022! Man merkt dies unweigerlich. Ich habe in den zwei Stunden meines Brian Branch Scoutings kein einziges Play gesehen, bei dem er Assignment Probleme hatte, weil er selbst gegen Separation-kreierende Receiver kurzzeitige Raumverluste durch seinen Speed wieder wettmachen kann. Speed würde den Raiders enorm helfen. Vegas zeigte sich bei Crossing Routes, Floods, Underneath Patterns und Angriffen über die Spielfeldmitte selten in der Lage, etwas entgegen zu setzen, ebenso bei QB Rollouts oder gar QB Scrambles. Für Branch sind diese Routes/Assignments aber kein Problem. Besonders mag ich, wie er Fakes im offensiven Backfield liest und schnell reagiert bzw. die Finten nicht schluckt. Bei Screens und Option Plays ist er bspw. hellwach und er kann auch als QB Spy eingesetzt werden. Sein Tackling ist natürlich passend zu seinem Skillset: rein und effektiv. Auf Cuts von RBs oder WRs antwortet er mit Standhaftigkeit, Unbeirrbarkeit und sofortigem Punishment. Don’t play around with this dude! Einzige Mankos bei meinen Beobachtungen: gegen schwerere O-Liner versäumt er häufig den Release beim Block. Und: seine Transitions sind zwar smooth, aber manchmal muss er sich schneller vom Assignment lösen und woanders aushelfen. In meiner Fehlersuche war ich folglich auf weitere Scouting Reports angewiesen. Was man hier so liest? „Tendency to get grabby“, „too hand dominant“ oder „lacks deep speed”. Klar könnte ihn ein Tyreek Hill tief schlagen, aber dennoch: Branchs “Fehler” sind coachable – oder liegen im Bereich kleiner Nuancen. Insgesamt scheint Branch, dessen Football IQ nochmal extra gelobt werden muss, NFL-ready zu sein. Rookie-Lehrgeld wird auch er zahlen, aber große Bills sind nicht zu erwarten. Ich sehe in ihm ein besseres Overall Prospect als letztes Jahr in Lewis Cine und Kyle Hamilton. Ich glaube, Branch wird ein zukünftiger NFL-Star und die Raiders sollten nicht zögern, wenn sie eine Chance auf ihn haben. Ich habe länger keinen Hybrid-Defender mehr gesehen, der so viele Aufgaben wie er übernehmen kann und vor allem: Branch fällt auf. Er macht Big Plays und zeigt in spielentscheidenden Momenten, was er kann. Ein Thug.

Drew Sanders, Linebacker, Arkansas

Während wir mit Brian Branch einen Kandidaten haben, der bereits länger 1st-Round-Projections bekommt, wirkt Arkansas Razorbacks Linebacker Drew Sanders wie ein Riser in den Early Draft Boards. Doch er ist kein Unbekannter im Upper Tier des College Football. Als 5-Star-Recruit kam Sanders zunächst nach Alabama, wo er bis einschließlich 2021 bei den Crimson Tide spielte. Erst im letzten Jahr transferierte er nach Arkansas, wo er aber umgehend zur Höchstform auflief. In 12 Spielen markierte er 39 Pressures bei 25 QB Hurries und über 60 Tackles. Seine Rolle als Outside Linebacker mit Edge Elementen könnte für NFL Teams sehr interessant sein. Sanders ist kein reiner Pass-Rusher und kein rein klassischer Heavyweight Linebacker. Er erinnert an eine Kombination aus Leo Chenal und Luke Kuechly. Körperlich für einen reinen Edge zu leicht, für einen MIKE ebenso. Auf der Outside könnte er aber problemlos als 3-Down-LB zum Zuge kommen. Er besitzt den Speed und Burst, um an der Front Seven Druck auszuüben und kann gleichzeitig durch seine Agilität und Wendigkeit Punkte in der Coverage machen. Dies fällt einem schnell beim Studieren seines Spiels auf: seine Bewegungen sind stringent und er zeigt Explosivität beim First Step, liest Offenses wahnsinnig schnell und reagiert. In der Laufverteidigung füllt er schnell Gaps hinter den Linemen, in Coverage droppt er ebenso schnell wie geordnet zurück, er behält die Übersicht und Zuordnung zu seinen Gegenspielern. Diese Kombination gefällt mir sehr: er liest die meisten Plays recht schnell, zeigt aber die nötige Geduld, kein Overpursuit und selten Probleme beim Change-of-Direction. Sattelfester Kerl! Doch sobald er seine Progression fixiert hat, kann er blitzschnell explodieren. In der Coverage hilft ihm diese Explosivität, um schnell Meter gut zu machen. In den Videos, die ich gesehen habe, lässt er sich selten nach hinten zurückfallen, wenn er allerdings Zone spielt, macht er bei Slants oder Quick Outs schnell Meter gut, was unglaublich hilfreich sein kann. Wir erinnern uns an zu viele 3rd Down Situationen, bei denen die Raiders dieses Jahr die Spielfeldmitte abdeckten, nur um irgendwo wieder einem Comeback/Outroute/Flat-Pass zum Opfer zu fallen. Ich wage zu behaupten, dass sein Ceiling enorm hoch angelegt ist. Bei Bama war er fast ausnahmslos auf Edge-Rollen fixiert, die Transition zu einem Off-Ball-Linebacker half ihm aber bei der Diversifizierung seines Skillsets. Gerade diese Kombination aus Körpergröße, flüssigem Bewegungsablauf, Downhill Speed, Härte beim Tackle mit gutem Timing und Antizipation gefällt mir sehr. Ein Verweis auch auf hohen Football IQ. Die Schnelligkeit, mit der er die Transition abgeschlossen hat, zeigt mir, dass er bereit ist schnell zu lernen und zudem Aufgaben erfolgreich übernehmen kann. Er hat dadurch die Versatility, die sich Coaches auf dem nächsten Level wünschen. Und er hat diese Transition statistisch untermauert, fuhr in den ersten sechs Saisonspielen fünf Sacks ein und zeigte in Week 2 der CFB Saison sein bisher bestes Spiel gegen South Carolina, in dem er dominierte. Wie jedes Prospect hat er aber auch einige Schwächen. Mir Fällt auf, dass er sich doch häufig an der LOS herumschieben lässt. Athletisch ist er nicht schlecht, kann aber mit Sicherheit noch etwas Körpermasse zulegen. Wenn er wirklich mal in ein Double Team verwickelt ist, kann es durchaus passieren, dass er etwas „rumgeschoben“ wird. Dabei wäre die Verbesserung technischer Aspekte seines Passrushs wichtig: seine Leverage schwankt zu häufig und er hat gelegentlich Probleme Geschwindigkeit in Kraft zu konvertieren. Edge Rusher auf top Level haben genau dort ihre Stärken! Bei Plays gegen den Lauf wirkt er insgesamt irgendwie klobiger als in der Pass Verteidigung. Er kreiert dort dann wenige Freiräume, kaum Separation vom Blocker. Dies könnte aber einfach an mangelnder Spielpraxis liegen. Seine Work Ethic scheint aber gut zu sein. Ehemalige Mitspieler berichten über Sanders‘ Vorbereitung und Training, nach den Spielen sei er immer einer der ersten derer gewesen, die sich aufs nächste Spiel vorbereiten und den Kraftraum noch am Gameday aufgesucht haben.

Für die Raiders könnte Sanders ein interessanter Pick sein. Ich gebe ihm ein 1st Round Grade und sehe in ihm neben Jack Campbell von Iowa einen der besten LBs, die nicht als reine PRs fungieren. Nachdem die Zukunft Denzel Perrymans ungeklärt ist, ein Teil des LB Corps wohl ersetzt wird und bei Spielern wie Divine Deablo nicht sicher ist, wie gut sie zurückkommen werden, ist für Vegas klar: Linebacker MUSS verstärkt werden als eine Unit, deren es spätestens in der Tiefe an Substanz fehlt. Der Nr.7 Pick dürfte jedoch etwas verschleudertes Kapital sein. Gelingt es den Raiders einen Shot auf Sanders in Angriff zu nehmen, sollten sie dies spätestens zu Anfang der zweiten Runde tun. Danach wird Sanders spätestens vom Board sein. Ich sehe ihn vor allen anderen Linebackern, ebenso vor den hochgepriesenen LBs Noah Sewell und Trenton Simpson. Bei einem Downtrade in die Mid-Round wäre Sanders ein ideales Erfolgs-Szenario. Wer einen Spieler mit Sideline-to-Sideline Fähigkeiten sucht, der zudem Quarterbacks am Laufen hindert und dessen Strahlkraft in spielentscheidenden Momenten zur Geltung kommt, der wählt 2023 Drew Sanders!

 

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