Heute stelle ich euch die 2023er-Klasse der Edge Rusher vor, der wohl besten Positionsgruppe im diesjährigen Draft. Vom Top-Talent her gesehen zwar nicht die stärkste Unit der letzten Jahre, machen die Edges aber vor allem in der Tiefe von sich reden. Es ist in diesem Jahr durchaus möglich noch in den hinteren Runden Quality Starter zu finden und was beim Blick aufs Tape deutlich wird: die Prospects liegen eng beieinander, weswegen Teams hier die Qual der Wahl haben. Auch mir fiel ein Ranking ziemlich schwer, wenngleich das Scouting hier sehr viel mehr Spaß gemacht hat, als bei anderen Units. Wen ich am liebsten mag – und wer für die Raiders interessant wäre – erfahrt ihr im Folgenden. Meine Top-10 Edges 2023.
1.Will Anderson, Alabama
Am Ende kam dann doch die Frage: nehme ich den Spieler mit hohem Floor und einer stabilen Upside oder das High Risk, High Ceiling- Prospect mit eventuellem Bust-Potenzial? Wissen, was man kriegt? Oder wissen, was man kriegen KANN? In diesem Fall war die Entscheidung schwer, doch mein Vertrauen in solide Bama-D-Prospects war dann doch ausschlaggebend für meine Wahl. Ich sehe in Anderson zwar keinen neuen JJ/TJ Watt oder Myles Garrett, aber durchaus einen möglichen Travon Walker im Rookie-Jahr oder einen möglichen Von Miller a posteriori. Die Stats sprechen für sich: 2022 sammelte Anderson in 652 Snaps insgesamt 59 Pressures, 36 Hurries und sagenhafte 14 Sacks. In drei Jahren am College waren es insgesamt 37 Sacks, was einem jährlichen Durchschnitt von 12.3 Sacks entspricht. Eine unglaubliche Ausbeute, gemessen am Talent gegen das er antrat. Diese Production und das Tape, das Anderson vorweist, sollten genug sein, um in diesem Jahr als erster Defender overall vom Board zu gehen. Im Vergleich mit dem Rest der Klasse zeigt Anderson ideale physische Maße (größer und schwerer als 90%, top Wingspan, gute 40 und lange Arme) und selbst wenn er nicht über das größte Repertoire an Pass Rush Moves verfügt, gewinnt er doch erstaunlich viele Duelle. Ich schaue diesbezüglich auf diejenigen Traits, die im Elite Segment verankert sind. Andersons Bull Rush beispielsweise und seine Stärke beim Kontakt stehen für sich. Er zeigt einen guten Burst und beschleunigt schnell an der LOS, setzt schöne Winkel bei der Kontaktaufnahme und bleibt stets balanciert. Ein Get-Off-Player par excellence. Seine Athletik im Allgemeinen ist „elite“, er explodiert beim Snap und kann auf engstem Raum Plays machen, er ist ein Lückenfinder der Extraklasse, der Stärke und Speed gleichermaßen einsetzt. Er ist sowohl One Gap- als auch Two Gap-Player, sowohl Downhill, als auch lateral und im Gesamtpaket der wohl kompletteste Allrounder der Klasse. Er kann als OLB spielen, Speed Edge, 7- oder 5-Technique, Odd Front LB, in 4-3, 3-4 uvm. Beim Kontakt zeigt er einen perfekten Bend und die Eigenschaft, Blocker zu schieben und gleichzeitig für Richtungswechsel bereit zu sein, ohne ein Overcommitment zu zeigen. In einigen Draft-Analysen wird von seinen verlorenen Duellen gegen Darnell Wright gesprochen. Hier muss ich ganz klar sagen: kann passieren, denn Wright ist für mich der beste O-Liner der diesjährigen Klasse. Klar, Anderson ist noch nicht komplett definiert und auch sein Block Disengagement ist damit gemeint. Auch Coverage kann man von ihm nicht erwarten und wenn er am Blocker „hängenbleibt“ liegt das auch an eigenen Mängeln (zu wenig Pass Rush Moves, anders als bspw. bei BJ Ojulari). Dennoch ist festzuhalten: Anderson setzt sich mit seiner soliden Vielfalt vom Rest der Klasse ab. Er kann auch im Run Game dominieren und vor allem: er ist coachable. Ein echter Blue Chip Player, also. Und eine Führungsfigur. Oder, wie es kürzlich auf si.com hieß: „Alpha dog“!
Grade: 8.9
2. Tyree Wilson, Texas Tech
Normalerweise würdet ihr Tyree Wilson an #3 lesen. Ich hätte einem weiteren Spieler den Vorzug gegeben: Florida States Jared Verse, der zweifellos am Elite-Tier kratzt. Doch Verse verkündete im Januar, dass er noch ein weiteres College-Jahr dranhängt und erst 2024 „eligible“ sein wird. Daher ist Wilson meine #2 und von der möglichen Upside gesehen, wäre er sogar meine Nummer #1. Doch im Gegensatz zu Anderson, der wohl in keinem Fall ein Underperformer sein wird, könnte Wilson ein Bust-or-Bust Project werden. Dennoch glaube ich an ihn. In Future Diamonds V habe ich ihn als disruptiven Spieler beschrieben, der auf kleinem Raum Großes vollbringen kann (Micro Movements, Counters, Rollouts) und nicht nur von seiner Größe (1,98m) und seinem Frame (Wingspan!) profitiert, sondern insbesondere von seiner Athletik, Play Recognition und dem vielleicht schnellsten First Step aller Edges der Klasse. Die Natur seines Spiels basiert auf einem instinktiven Gefühl für ein Play und einer Pragmatik, die darauf setzt, unnötige Moves zu vermeiden und stattdessen auf engstem Raum im Mikrobereich Schwächen des Gegners ausnutzt (Maxx Crosby!). Er hat einen „flüssigen Bewegungsablauf ohne Verschwendung von Raum und Zeit“, geil oder!? Viele Edges der Klasse zeigen eine fast eindimensionale Spielweise auf der Outside, Wilson beherrscht aber auch die Inside und zeigt sich sehr stark gegen Guards, kann in der 3-, 5-, oder 7-Technique gleichermaßen agieren. Zudem ist er einer der besten Run Stopper unter den Edges. Seine Production ist enorm, allein 50 Pressures gingen letzte Saison auf seinen Nacken, zehn seiner Hurries konnte er in Hits konvertieren, davon acht Sacks. Insgesamt finden wir in Wilson einen High Upside Spieler mit den nötigen Tools für einen NFL-Star. Die große Frage bleibt, ob er seinen Game Speed noch verbessern kann und ob er es schafft, beim Initial Contact auch mit Kraft gewinnen kann.
Grade: 8.7
3. BJ Ojulari, LSU
Der Bruder von Giants Edge Azeez Ojulari ist auf meinem Board recht hoch gelandet. Dies liegt zum einen daran, dass BJ in seiner College Karriere ähnlich gute Scouting-Referenzen einheimsen konnte, andererseits daran, dass er vielleicht der beste Mover der Klasse ist. Worauf ich bei Edges am häufigsten schaue: die Fähigkeit, Speed zu Kraft zu konvertieren, die Fähigkeit, innen wie außen Druck durch Counters zu erzeugen, sowie die Nutzung von Micro Movements, sowie aggressive, kontrollierte Hände beim Kontakt. Und bei Ojulari stimmt vieles davon. Er ist technisch auf so hohem Level, dass er nahezu alle Pass-Rushing-Moves ausführen kann. Bull Rush, Swim Moves, Rip, Spin usw. usf. Allein auf diese Moves bezogen wage ich eine steile These: er zeigt hier ähnliche Skills bzw. Grundlagen wie Maxx Crosby. Athletisch gesehen könnte er noch zulegen, doch was er mit Mad Maxx gemeinsam hat: einen sehr schnellen First Step, seine Counter-Fähigkeiten und Mikro-Bewegungen, seine Finten nach innen wie außen. Ojulari gilt als instinktiver Spieler mit hohem Football IQ und beweist das auf engstem Raum und hat zudem noch den Closing Burst, um Plays abzuschließen. Ein runder Spieler mit guter Körperbalance und Vision. Was ihn von den Top Prospects unterscheidet: seine Hand-Nutzung ist leicht inkonstant. Er hat aber keine „Violent Hands“ und zeigt beim Kontakt nicht die nötige Disziplin, wenn sein Blocker einen guten Winkel hat, verliert er den Rep. Zudem wird er kaum im 3-Point-Stance eingesetzt, wirkt teils mehr wie der Odd-Front-OLB. Wenn er es schafft Gewicht zuzunehmen, ohne Speed zu verlieren, wird er genauso erfolgreich wie sein Bruder werden. Einer meiner Lieblings-Prospects der Klasse, Low Risk, High Reward!
Grade: 8.6
4. Nolan Smith, Georgia
Nolan Smith ist ein Anderson Light, der mit etwas mehr Speed ausgerüstet ist. Smith spielte in der wohl besten Defense des Landes bei den Georgia Bulldogs, dem Team, das Draft Prospects am Fließband produziert. Gute Referenzen also. Und in der Tat: seine Pass-Rush-Win-Rate von 23.5% ist die höchste aller Prospects und seine Pressure Rate von 17.7 ein Traum für jeden Defensive Coordinator. Smith ist in einem Punkt besser als Anderson: er schlägt seine Gegner häufiger durch Speed. Bei der Combine explodierte er und lief den 40-Yd.-Dash in 4.39 Sekunden. Are. You. Kidding. Me!?!? Diese Zeit könnte sich selbst bei den Wide Receivern sehen lassen. Sein 41.5“ Vertical Jump steht dem in nichts nach. Einfach phänomenal! Seine Credentials verdienen Lob und seine Fundamentals sind da, was ihn in meinen Augen allerdings nicht bevorteilt ist seine Production. Klar, Smith spielte erst letztes Jahr mit Travon Walker in einem Team und ist Teil einer mit zukünftigen Stars gespickten Defense. Dennoch: 2022 spielte er nur 188 Snaps und machte zwei Sacks. Im Vorjahr waren es sieben Sacks in 499 Snaps. Durchaus ausbaufähig! Im Vergleich mit Anderson sehen wir Smiths kleinere Maße und leicht weniger Kontaktfreudigkeit. Wir sehen, dass er auch innen die LOS attackieren kann und wir sehen ähnliche Instinkte. Im Gegensatz zum Bama-Prospect fällt sogar auf, dass Smith sich besser aus Blocks heraus arbeiten kann. Wir sehen sogar etwas bessere Counter Moves als bei Anderon. Doch was wir nicht sehen sind die Anker, die Anderson setzt, wir sehen kaum Stärke beim Bull Rush (obwohl dies sein Haupt-Move ist) und wir sehen keinen so guten First Step wie bei Anderson. Während Anderson ein idealer Momentum-Spieler ist, fragen wir uns bei Smith häufig, warum er in wichtigen Situationen nicht mehr dominiert. Dies könnte auch an seiner Verletzungsanfälligkeit liegen. Sowohl 2021, als auch 2022 fehlte er mehrere Spiele verletzungsbedingt. Sollte er diesen leidigen Punkt nicht in die NFL transferieren, sehen wir einen Ground Coverer, Field Stretcher mit Sideline-to-Sideline Ability, der durch Speed die Edge setten kann und in dem großes Potenzial schlummert, wenn er mehr Konstanz in sein Spiel mischen kann. Zudem ist er in Coverage deutlich besser als Anderson. Auch wenn Smith auf einigen Boards höher liegt, kann ich hier nur bedingt beipflichten. Ich finde ihn gut, bin aber nicht hyped. Für die Raiders interessant: Smith ist ein Team-First-Player mit einem außerordentlich teamfreundlichen Geist. Wollte McD nicht Team-First Spieler draften!?
Grade: 8.4
5. Adetomiwa Adebawore, Northwestern
Adebawore ist schon ein kleines Juwel. Seine Combine Performance war mit eine der besten der Klasse und er besitzt athletische Elite Traits, bekam einen 97er Athletic Score und meisterte den 40-Yd.-Dash in 4.49 Sekunden. Sein Broad Jump und der Vertical waren jeweils in den Top-3. Keine Überraschung eigentlich, denn er war bereits in Feldmans Freaklist, dass er sich bei den Combine so explosiv zeigte, belegt seinen Status als solider Long Term Riser. Im Gegensatz zum Großteil der Spitzengruppe wirkt Adebawore noch etwas jungfräulich, was sein Move-Arsenal angeht, seine Technik muss noch verbessert werden. Was man bei ihm allerdings sicher sagen kann: er ist der wohl beste Interior Rusher, zeigt Vielseitigkeit und kann überall an der Line aktiv werden. In vielen Edge Rankings ist Adebawore nicht aufgeführt, den mit seinen 282 Pfund gehört er zu den Schwergewichten und es bleibt offen, ob er in der NFL ein Edge Setter werden kann. Ich habe ihn aber bewusst auf Edge gelistet, weil ich mir einerseits noch nicht sicher bin, ob ich die „klassischen“ Defensive Ends noch sichten werde, andererseits er eher weniger in meiner Interior D-Line Liste auftauchen wird. Eigentlich ist er in einer 3-4 Defense besser aufgehoben, aber man muss auch sagen, er „spielt leichter als er ist“. Er wiegt bspw. mehr als Clelin Ferrell und ist kleiner, aber von der Rolle kann man ihn in etwa mit ihm vergleichen und Adebawore zeigt insgesamt bessere athletische Werte. Wenn er bis Saisonbeginn 10 Pfund verlieren würde, könnte er aber sowohl Outside wie Inside erfolgreich werden. Was ich an ihm liebe ist sein Spiel auf engem Raum und seine Fähigkeit durch Blocker hindurch zum Ballträger zu gelangen. Er hat starke Hände und sorgt stets für Loss of Yardage, setzt sich hinter der LOS fest und ist schwer zu verschieben. Er ist ein Downhill Player, dessen lateraler Bewegungsablauf noch verbessert werden muss. Zudem ist sein PR Arsenal ist ausbaufähig, er ist eher ein Bull Rusher, als ein krasser Techniker. Ob er ein 1st Round Grade verdient bleibt durchaus diskutabel, ich sehe ihn eher als late 2nd Rounder mit Upside.
Grade: 8.3
6. Will McDonald, Iowa State
Der Will McDonald Hype ist auch bei mir angekommen. Zumindest etwas. Als vielleicht athletischster Spieler im gesamten Draft, repräsentiert McDonald den modernen NFL-Edge-Prototyp. Er spielte in einer kuriosen Iowa State Defense und agierte dort in einem 3-Safety-Scheme, das eine merkwürdige Aufstellung seiner drei Linemen zur Folge hatte. Gegen RPO nützlich, stellt dieses neue Konzept eine Orientierung an der 3-3-5 Defense dar, verzichtet im Umkehrschluss allerdings auf einen Lineman. Dies bedeutet eine andere Aufgabenstruktur für Line-Spieler und folglich die Frage, ob man aus dieser auf Spread Offenses reagierenden Defense auf NFL-Level viel mitnehmen könnte. Für McDonald bedeutet das: wurde er falsch eingesetzt und hat dadurch noch eine viel höhere Upside als es das eh schon gute Tape vermuten lässt? Ich glaube ja! In der Cyclones D spielte er häufig 5-Technique, zumindest auf der Inside Shoulder seiner Blocker. In der NFL sollte er mehr Edge Setter und moderner Edge Rusher sein. Wer ihn draftet, sieht das genauso und setzt ihn in entsprechender Rolle ein. Sein Skill-Set ist vielversprechend. Er zeigt ausgezeichneten Bend&Burst, sowie überdurchschnittlichen Block Release und Change-of-Direction und eine ähnliche Übersicht auf engem Raum wie ein Adebawore. Er ist ein Modell, was Speed-Size-Combination angeht und sein Bewegunsablauf wirkt flüssig wie bei BJ Ojulari, wenngleich er über ein geringeres PR Move Repertoire verfügt. Er hat allerdings durchaus einen „Pass Rush Plan“. Wenn er die Edge settet, sehe ich teils einen Maxx Crosby, da McDonald ähnlich nahe am Boden spielt und trotzdem keinen Pancake bekommen wird. Seine Balance ist schön und sein Handeinsatz ordentlich disruptiv. Vielleicht nicht der beste Strenght Player, aber mit einer gewissen Schnelligkeit seiner Handbewegungen gesegnet. Seine Arm Extension erinnert mich hier und da an TJ Watt. Gegen den Run wird McDonald kaum eine Rolle spielen, aber als typischer Modern Edge kann man darüber hinweg sehen. McDonald wäre bei mir ein Early Second Rounder mit Potenzial für Runde 1.
Grade: 8.3
7. Lukas Van Ness, Iowa
Iowa liegt im Nirgendwo und wer hier spielt, bringt eine gewisse Grundbegeisterung fürs Spiel mit. Nicht umsonst finden wir immer wieder Prospects der Hawkeyes Defense, die es in der NFL zu etwas bringen. Lukas Van Ness ist da keine Ausnahme, sein athletisches Profil ist geschaffen fürs Top-Level und seine Combine Performance untermauerte dies. Seine Werte sind in etwa vergleichbar mit denen von Chiefs-DE George Karlaftis, doch was ihm fehlt ist Erfahrung. Van Ness war in Iowa mehr Teilzeit-Spieler, startete nie offiziell ein Spiel und hat insgesamt erst 26 Spiele College-Erfahrung. Er ist aber ein Riser und seine Fähigkeiten sind prototypisch für eine 4-3 Defense, in der er Pass Rusher und Run Blocker gleichermaßen darstellt. So spielte Van Ness bspw. 242 Snaps auf der Outside, 62 direkt gegen OTs, 155 im B Gap und sogar 19 durchs A Gap. 19 Sacks verdeutlichten: er kann Duelle jeglicher Art gewinnen. Doch warum stieg er überhaupt so in den Boards? Seine Speed-Power Konvertierung ist auf Elite-Level und ähnlich wie Ojulari verfügt er über ein Repertoire an Micro Movements, mit denen er seinen Gegnern das Leben schwer macht. Zudem: er zeigt gute Leverage und Violent Hands und hat seine Augen immer im gegnerischen Backfield. Zudem ist er ein High Motor. Seine Unzulänglichkeiten hat er aber dennoch: neben mangelnder Erfahrung vermisst er gelegentlich Assignments, liest Blocking Schemes falsch und gewann am College häufig durch Kraft, als durch Technik. Sein PR Move Repertoire ist, abgesehen von den Micro Movements, ausbaufähig. Ich würde Van Ness nicht in der 1.Runde nehmen und für die Raiders einen Spieler wie Jack Campbell bevorzugen und ich glaube auch, dass einige Pass Rusher es wert sind, vor Van Ness vom Board zu gehen. Als Future Prospect hinter einem erfahrenen Edge wäre er dennoch eine gute Wahl. Van Ness wird bei seinem Liga-Eintritt 22 Jahre alt sein. Da geht noch einiges!
Grade: 8.1
8. Andre Carter II, Army
Andre Carter II ist eines meiner top under-the-radar-Prospects, wenn man davon in dieser „loaded class“ überhaupt sprechen kann. Dass er überhaupt zum Draft antreten wird, verdankt er gelockerten Regeln innerhalb des US-Militärs. Seine fünf Jahre im Dienst muss Carter nämlich erst nach seiner NFL-Karriere antreten, weswegen er seine Teilnahme am Draft erst spät deklarierte. 2021 holte Carter die zweitmeisten Sacks (15.5) aller College-Spieler, lediglich getoppt von Will Anderson (18.5) – aber noch besser als der im Vorjahr gedraftete Aiden Hutchinson. 2022 lief etwas durchwachsener. In neun Spielen und lediglich 525 Snaps kontributierte er mit 15 Hurries, 28 Tackles und vier Sacks. Zudem finden wir Carter in Feldmans Freaklist, für mich immer ein Zeichen, dass wir uns über athletische Voraussetzungen bei ihm keine Gedanken machen müssen. Bei Carter wird die Rolle in der NFL limitiert sein, er ist ein Pass Rusher, der hauptsächlich in Passing Downs auflaufen wird, kein Run Stuffer. Seine Reaktionszeit ist spitze und er nutzt seine Größe (mit 6-7 einer der größten Spieler im Draft) und seine Range, um mit seinen starken Händen disruptiv gegen Blocks zu arbeiten. Er gewinnt nicht durch Speed, sondern durch Kraft, was er noch verbessern sollte. Am College sah man ihn häufig als OLB, für die NFL sehe ich ihn dort aber nicht. Er ist zwar ein 2-Point-Stance Spieler, aber zu unwendig, um in Coverage zu agieren. Auch beim PR gibt es einige Mängel. Seine Leverage ist nicht gut und zu häufig erwischen ihn Blocker mit zu hohem Pad-Level. Zudem war er in der High School noch WR/TE. Als Developmental Project gebe ich ihm aber eine Chance. Carter macht ganz knapp meine Top-10, wenngleich man hier auch jeden der Honorable Mentions nehmen könnte.
Grade: 8.1
9. Myles Murphy, Clemson
Vor wenigen Monaten war Myles Murphy noch als Top-Edge gelistet, mittlerweile nimmt sein Draft-Stock ab und in den Future Diamonds V war ich ebenfalls nicht begeistert von ihm. Er macht hier knapp meine Top-10, allerdings gebe ich zu, dass mein Hype-Level bei den Honorable Mentions ein wenig höher war, ich mich hier aber etwas beim Konsens gebeugt habe. Schande über mein Haupt! Aus Sicht der Raiders: lassen wir es sein! Kein zweiter Clelin Ferrell, bitte! Danke! Im Folgenden ein Auszug aus meinem Scouting Report: „Insgesamt ist festzuhalten, dass Murphy ein solider All-Around Defensive End mit einer großen Upside ist. Ihm mangelt es nicht an Stärke, Speed-to-Power Konvertierung, High Motor, einer Elite Hand Usage, Scheme Versatility und athletischen Grundvoraussetzungen. Was hingegen zum Problem werden könnte ist seine ausbaufähige Production und die Möglichkeit, dass er den “falschen” Coaches sein Potential nicht entfalten kann, wenn er nicht gemäß seinen Stärken eingesetzt wird.“ Und was seine Production angeht: „betrachtet man die statistische Ausbeute von Walker und Murphy, so kann man behaupten: bei beiden sollte man eher auf das Tape achten, als auf die rein zahlenmäßige Ausbeute. Denn die 6.5 Sacks und 11 TFLs, die Murphy 2022 produzierte, sind doch eher im Mittelmaß des CFB zu verorten. Der Zauber liegt bei Murphy dann eben im Detail. Doch von einem neuen Walker zu sprechen finde ich dann doch etwas übertrieben, immerhin hatte der Junge einen fantastischen Start in seine NFL-Karriere.“ Ich belasse es hierbei und bin gespannt, ob Murphy dem Status eines Fallers entgehen kann und muss aber hinzufügen, dass ich jeden einzelnen meiner Honorable Mentions auch anstelle Murphys draften würde. Hier liegt die Klasse schon eng beieinander und Vorhersagen basieren dann hauptsächlich auf persönlichen Präferenzen.
Grade: 8.0
10. Isaiah McGuire, Missouri
Isaiah McGuire ist mein Edge-Sleeper in dieser Klasse. Ich sehe in ihm eine hohe Upside und er ist vielleicht derjenige Edge, der am besten „through blocks“ spielen kann. Double Teams sind kein Problem für ihn und er ist ein sicherer Tackler mit sehr guten Körpermaßen. Obwohl seine Counters nicht so gut sind wie bei Van Ness oder Ojulari, so zeigt er doch schönes Lateral Movement und profitiert schnell, wenn ein Blocker nicht balanciert steht. Er spielt zudem sehr aggressiv mit hartem Kontakt und weil er einer der ausdauerndsten Spieler der Edge-Klasse ist, kann er Gegner langfristig zermürben und ermüden. Er zeigte häufig gegen Ende des Spiels gute Leistungen, ist also ein Impact Player. Er spielt mit Druck an der LOS, füllt Gaps schnell auf und lässt sich wenig verschieben. Gegen Tight Ends kann er dominieren und sein schneller Release hilft ihm beim Zerstören der Pocket, seine Footwork ist 1A. Er spielt auf beiden Beinen sicher und bewegt sie ständig, was man bei seinem Bull Rush gut erkennen kann. Was er noch verbessern muss sind u.a. seine Finishing Abilities. Häufig sehen wir, wie er Duelle gewinnt, aber sich umspielen lässt. Er zeigt bspw. nicht die schnellen Reaktionen auf wendige RBs und sollte insgesamt noch explosiver werden. Er penetriert zwar Gaps, aber hat Probleme im Block Shedding. Zudem kann man ihn in Coverage Situationen nicht einsetzen. 2022 holte er in 12 Spielen sieben Sacks und 21 QB Hurries. Ich sehe McGuire mittlerweile als Top-100 Spieler. Das Gute: wenn er noch etwas zulegt kann er sogar die 3-Technique spielen, zeigt also sogar etwas Versatitlity.
Grade: 7.9
Honorable Mention
Felix Anudike-Uzomah, Kansas State (7.9) / Keion White, Georgia Tech (7.9)/ Isaiah Foskey, Notre Dame (7.8)/ Zach Harrison, Ohio State (7.8) / Byron Young, Tennessee (7.7) / Yaya Diaby, Louisville (7.7) / Tuli Tuipulotu, USC (7.6)
Sleepers
Viliami Fehoko, San Jose State / Yaya Diaby, Louisville