Die Raiders verlieren desaströs ihr Auswärtsspiel in Detroit mit 26-14 und schaffen es nicht, ihre Kritiker verstummen zu lassen. Welche Beobachtungen wir gemacht haben und ob die Saison nun endgültig gelaufen ist, lest ihr im Folgenden. Ein leidenschaftlicher Kommentar.
Die Stimmung am Tag danach – wo sind meine „alten Raiders“?
Ich bin jetzt mittlerweile seit knapp 22 Jahren Raiders-Fan mit Leidenschaft und schreibe nun zwei Jahre über die Silver&Black. Nach mittlerweile 58 Folgen LocoFootball Podcast, in die unzählige Stunden Arbeit eingeflossen sind, kann ich mit Freude behaupten, dass mich der „Spirit von damals“ immer noch trägt. Ich habe damals mit 15 Lenzen angefangen Football zu spielen, bin in einer Zeit groß geworden, als meine Vorbilder noch Tim Brown, Lincoln Kennedy, Justin Fargas oder Rich Gannon hießen. Als ein Jerry Rice, der Urvater meiner Football-Liebe, die bereits um 1992 entstand (ja, es zog sich einige Jahre hin, bis ich wirklich einen Club „im Herzen“ hatte), noch das schwarze Trikot mit den silbernen Nummern überstreifte. Ich kenne noch den „alten“ Football, rauer, einzigartiger. Der Tough Guy Shit von damals, mit ordentlich Trashtalk, ein wenig Pathos, aber mit Ehrlichkeit. Meine Idole hießen Ray Lewis, Ed Reed, Bill Romanowski oder Warren Sapp. Das Produkt, das es heute gibt – man kann es der jungen Generation nicht übel nehmen – kommt da teils ganz anders daher. Wer Kommerzialisierung und Vermarktung im Fußball kritisiert, dem dürfte es beim American Football schwer fallen, überhaupt noch am Ball zu bleiben. Es gibt keinerlei Fan-Rechte oder Mitbestimmung, kein Vereinssystem, sondern dicke Bosse mit viel viel Cash, eine Maschinerie des Kapitals, die keine Träumerei mehr zulässt. Der Football heute wirkt teils arg entfremdend auf meine Football-Seele. Und dennoch, wir fiebern mit, in guten wie in schlechten Zeiten. Von letzteren gab es viele. Ich habe JaMarcus Russell durch, ich habe unzählige Neuanfänge mit Rebuilds durch, ich habe den Umzug nach Vegas durch – von einer Stadt aus (Oakland), die Football-begeisterter nicht sein kann. Ich habe das Gruden Fiasko durch, Henry Ruggs durch. Meine Erinnerung an die „graue Vorzeit“? Terrelle Pryor bis Carson Palmer, Norv Turner bis Bill Callahan. Stanford Routt bis Nnamdi Asomugha. Die „moderne Ära“? Anderes Setting, ähnliche Probeme: Ich habe die Carr-Ära mitgemacht, die nicht immer schön war, aber in der man sich irgendwie noch „zuhause“ wähnte. Ich habe Khalil Macks Abgang durch, unsere fast 10-jährige Suche nach einen #1-Wide Receiver. Die Liste könnte jetzt bis ins Unendliche weitergeschrieben werden, wir belassen es dabei. Es war nicht immer einfach, aber die Devise war klar. Immer voran und Just Win Baby! Und wenn nicht, dann kämpft zumindest! Und so wurden über die Jahre Eigengewächse geformt, Stars geboren und Legenden wurde gehuldigt. Ich habe auch die schöne Zeit durch. Was ich aktuell sehe stellt jedoch zweifelsfrei den Tiefpunkt meiner bisherigen Fan-Karriere dar! Josh McDaniels ist der falsche Mann am falschen Ort und langsam bröckelt es – nicht nur im Team, sondern auch in der Franchise. Die Fanbase steht spätestens nach dem Chicago-Spiel hinter den Raiders. Aber nicht hinter dem Gebilde, das sich jetzt aktuell mit diesem Namen schmücken darf. Wir als Fanbase stehen hinter dem, was RAIDERS für uns bedeutet. Manchmal kann ich die Irrationalität kaum glauben, aber auch heute mit 37 Jahren bedeutet für mich ein Sieg der Raiders eine Woche lang Aufstehen mit gutem Gefühl. Und mit RAIDERS verknüpfe ich Erinnerungen, Herzblut und auch einen bestimmten Way of Life. Der mag zwar im Sport keinen praktischen Ansatz finden, aber konstituiert doch heimlich dieses „Underdog Feeling“, dieses „rebellische Element“, was damit einhergeht den Raiders die Treue zu halten. Nennt mich Illusionist oder Utopist, aber wer dieses Team schon länger mag, weiß genau wovon ich spreche.
Dieses Element wird gerade mit Füßen getreten. Woche für Woche. Und was soll ich euch heute nach einer erneuten Blamage noch schreiben? So lange diese Grabschänder in Vegas unterwegs sind, wird der Vieux Esprit dieser Franchise nicht wiederkommen. Die Oldies in der RaiderNation merken den langsamen Decline. Vegas war eine Hoffnung, doch jetzt vier Jahre nach dem Umzug ist Vegas zum Symbol eines neuen Leidenszustands geworden. Kein Black Hole mehr, stattdessen sucht man die eigenen Leute vergebens unter Massen an Away Fans. Kein Leader mehr im Team, kein QB dem man vertraut oder der es „schon irgendwie richten wird“. Und schon lange kein Owner mehr, der eine Vision für dieses Team vertritt. Keine Vision „on field“ – off-field läuft bei ihm ja anscheinend…
Die Stimmung am Tag nach der Detroit-Niederlage könnte daher nicht schlechter sein. Ein neuer Tiefpunkt ist erreicht und kaum jemand, der dem Team schon länger folgt und auch die Spiele schaut, kann noch bestreiten, dass selbst Siege gegen die unterdurchschnittlichen Teams aus New York noch helfen können, diesen Zustand aufzupolieren. Dieses Team stinkt von Kopf bis Fuß und die wenigen noch funktionierenden Organe (bspw. Max Crosby!) tun sich schwer den erkrankten Organismus noch am Leben zu halten. Objektiv könnte man eintreten und sagen, okay, es gab auch gestern wieder Möglichkeiten. Ein paar funktionierende Plays mehr und man hätte das Spiel drehen können. Man könnte auf die Defense verweisen – die sich ja merklich verbessert hat. Aber was bringt es, wenn der einzige Arzt, der diesen Organismus retten könnte (McDaniels) statt mit dem Seziermesser mit der Kettensäge ankommt. Jegliche Spekulation über Tanking, Drafting Caleb Williams, das eventuelle Doch-noch-Erreichen der Playoffs oder jegliche Zukunft, ein oder fünf Jahre vorausgesehen, wird hinfällig, solange dieser Dysfunktionalität kein Einhalt geboten wird. Die letzten beiden Spiele der Raiders waren der Tiefpunkt meines Fan-Daseins, die Abkehr von jeglicher Träumerei und die Fassungslosigkeit über das, was sich da abspielt. Die Stimmung in Worte zu fassen ist kaum möglich. Eine weitere Einordnung des Meta-Blicks allerdings unabdingbar.
Wir brauchen einen Notfallplan – und einen neuen Quarterback!
Wenn wir die Fan Side einmal rausnehmen, bleiben nüchterne analytische Feststellungen. Eine davon: Jimmy Garoppolo ist nicht der Quarterback, den wir brauchen! Ganze drei Pässe (out of 8) für miese 38 Yards brachte Jimmy G gestern in Halbzeit 1 an den Mann. Davon bis spät ins zweite Quarter kein einziger komplettierter Pass auf einen Wide Receiver. Die Gesamtausbeute? Ernüchternd. Ganze 10 von 21 für 126 Yards waren es am Ende, dazu die fast schon obligatorische Interception. Klar, es waren auch unglückliche Momente dabei. Und dennoch verfehlte Garoppolo bei zwei langen Pässen auf Adams komplett sein Ziel. Und auch das ist ein Problem: Jimmy G wirkt nicht, als könne er irgendwelche Akzente im Deep Passing Game setzen. Er ist ein sehr eindimensionaler QB und hatte gestern noch eine O-Line, die ihn im Stich gelassen hat. Weil die Raiders sich aber anscheinend vor einem Einsatz Aiden O’Connells scheuen, wird die QB-Frage in der kommenden Offseason wieder von zentraler Bedeutung sein. Doch kann man überhaupt einem Coach vertrauen, der seinen „handpicked QB“ nicht mal nach seinen Vorzügen einzusetzen weiß?
Execution ist Mangelware – ist das System Schuld?
Die PKs von McDaniels gleichen mittlerweile einem schlechten Theater-Spiel. „You know“, we woulda, we shoulda usw. usf. … Ein Punkt auf den er immer wieder verweist: mangelhafte Ausführung der Spielzüge. Er wälzt damit wieder die Verantwortung auf die Spieler ab. Verdenken kann man es ihm aber nicht, denn er hat zumindest dahingehend Recht, als dass die Raiders einfachste Plays nicht hinbekommen. Sechs Sacks ließ die O-Line gestern zu. Zweimal rutschte Hunter Renfrow bei Pässen auf ihn aus oder konnte den Ball nicht fangen. Mehrmals standen Spieler frei im Raum – aber Garoppolo fand sie nicht. Und die Defense? Äußerst mangelhaftes Tackling in HZ 2, andauernder Raumgewinn für Jahmyr Gibbs bspw., der sich durch mehrere Defender hindurchschlängeln konnte. Hände am Ballcarrier, aber kein Second Effort, ihn dann nicht noch zusätzliche Meter gehen zu lassen. Die Execution ist dieses Jahr eine der großen Schwächen des Teams. Ich spreche McDaniels nicht frei von seinem ungenügenden Playcalling, aber in einem Punkt hat er Recht: was kannst du tun, wenn deine Spieler teils einfache Fundamentals nicht mehr können? Im Gegenzug bleibt zu fragen: werden die Fundamentals einfach übertönt durch eine zu anspruchsvolle Offense? Zu leicht zu durchschauende Terminologie auf dem Feld? Letztlich gibt es aber auch hierfür keine Ausrede. Wenn deine Spieler dein System nicht verstehen, können sie es auch nicht umsetzen. Und wenn sie es verstehen, aber nicht umsetzen können, dann mach zur Hölle nochmal deine Adjustments!
Dank an die Defense – Blame the Offense!
Die Defense hält uns seit Wochen im Game! Auch gestern wieder konnte sie die flügelleichte Lions-Offense lange klein halten, in den ersten Drives kam Detroit maximal zu Fieldgoals. Und auch das Turnover Problem wurde „behoben“, als Marcus Peters seinen Pick Six nach Hause trug und Robert Spillane einen Fumble recovern konnte. Wenn deine Defense allerdings knapp die Hälfte der Punkte im Spiel produziert und die Offense nichts zeigt, kann man ihr beim besten Willen keinen Vorwurf machen. Mehr zu verlangen wäre ehrlich gesagt auch übertrieben. Jared Goff spielt zwar eine gute Saison, er ist aber kein Krösus, kein Top End QB. Und auch die Lions als Ganzes sind kein Team, das als sicherer Sieger in diesem Spiel galt. Sie sind verwundbar, sie waren verwundbar und das konnte die Defense auch zeigen. Somit erfüllt die Defense bislang (bis auf Chicago) ihren Auftrag, der Offense so gut wie möglich den Ball wieder zu geben. Die Offense aber nutzt diese Möglichkeiten zu selten und so war Josh Jacobs‘ TD auch der einzige, der von ihr generiert wurde.
Gravierende Mängel auf einigen Positionen
Die kommende Offseason wird in jedem Fall spannend, mit oder ohne McDaniels. Es hapert an mehreren Stellen und mittlerweile habe ich das Gefühl, dass sich der Fokus hier auch eindeutig von der Defense auf die Offense verlagert. Ich benenne einfach mal die Leute, die mir hier in den Sinn kommen: was ist los mit Parham, James und Eluemunor? Greg Van Roten spielt zwar auch nicht für die Götter, er ist aber der einzige O-Liner, der in den letzten Wochen einen Progress zeigt. Der Rest stagniert. Und stagniert komfortabel. James ist sich seiner Starting Rolle anscheinend so sicher, dass er regelmäßig in Untätigkeit verfällt. Eluemunor wie immer. Stets bemüht, um mal im Zeugnis-Jargon zu bleiben. Entwicklung und Breakout auf jeden Fall Fremdwörter bei Jermaine. Und Parham? Sollte er keine Transition auf Center hinbekommen, stellt sich die Frage, ob er der Richtige auf LG ist. Ich sehe leider eine physisch bedingte Benachteiligung bei ihm. Er hat die Technik, hat den First Step, aber er ist kaum fähig 1on1s zu gewinnen und lässt sich häufig mit einfachen Moves schlagen. Mittlerweile ist das O-Line Play ein Schatten seiner selbst und man kann nicht wie zu Saisonbeginn zwischen Passblocking und Runblocking Unterschiede ausmachen. In beidem sind wir mittlerweile unterdurchschnittlich. In der Defense stört weiterhin die IDL. Butler erwischte gestern einen guten Tag und der dauerpräsente Max Crosby ist für mich DER beste Defensivspieler der Liga. Doch insgesamt? Nicht das, was wir (sehen) wollen! Wilson zwar mit Progress, ich traue ihm zu, dass er in 3-4 Jahren ein guter, zuverlässiger Edge sein wird – aber kein Elite Pick, den man sich noch gewünscht hatte. Nichols? Ich ärgere mich immer noch darüber, dass wir ihn statt Billings haben! Die Tiefen-Spieler? Unsäglich. Tillery und Rochelle kontributieren kaum, Koonce wird nie eine vollumfängliche Rolle erhalten und danach? Ach, hat jemand heute schon Chandler Jones geschrien? Du kannst in dieser Liga jedenfalls keine Konstanz aufbauen, wenn du in den Trenches nicht gewinnst. Ich appelliere daher an die Raiders: WENN, ja WENN ihr dieses Jahr noch gewinnen wollt (was kaum mehr jemand zu glauben scheint), dann betätigt euch, auch im Hinblick auf nächstes Jahr, als Buyers an der Trade Deadline! Wir brauchen einen Brian Burns- liken Edge und keine weiteren Experimente! Oder gleich einen IDL? Ich hörte, Leonard Williams ist schon weg!? Tja, Raiders…
Desaströse Draft-Entscheidungen
Im Allgemeinen waren die bisherigen Drafts unter McDaniels ein Desaster – und das meine ich tatsächlich so. Es geht hier nicht mehr darum, Talent zu draften. Es geht m.M.n. darum, das „richtige“ Talent zum richtigen Zeitpunkt zu draften. Und irgendwie versagen die Raiders an dieser Stelle enorm. Lange haben wir die Gruden Drafts kritisiert, auch zu Recht. Insbesondere der 2019er Draft geht in die Annalen der schlechtesten Drafts der Franchise History ein. Und dennoch: Gruden und Mayock gelang es so einige Long Term Starter zu akquirieren. Und: Leute wie Arden Key, Maurice Hurst & Co. sind heute gestandene NFL-Recken – sie wurden in anderen Teams richtig genutzt und entwickelt. Das reine „Talent Drafting“ unter Gruden war also gar nicht mal so schlecht wie unter McD. Mit dem Unterschied, dass das Gros der McD-Draftees innerhalb kurzer Zeit schon kaum mehr eine Rolle spielt. Wir haben auch dieses Jahr wieder Hoffnungsschimmer in unseren Reihen, bei den wichtigsten Picks verspekulierten sich die Raiders aber und ließen andere, weit talentiertere Leute links liegen. Ein Beispiel dazu? Hört euch gerne nochmal unsere 4-stündige Draft-Folge vom Frühjahr an: gestern spielten uns Rookies und 2nd Year Players an die Wand, die wir allesamt ausließen, obwohl wir damals die Needs durchaus schon hatten: Kerby Joseph, Jack Campbell oder Brian Branch, um nur einige Beispiele zu nennen. So geht es uns permanent: wir verpassten einen Jalen Carter, Witherspoon oder Gonzales, nehmen stattdessen aber lieber Reaches, die dann nur spezifische Teamrollen erfüllen, aber nicht vollumfänglich eingebunden werden. Beste Beispiele für McD’s Draft-Versagen: Matthew Butler und Neil Farrell Jr., sowie die zig Running Backs, für die wir Leute wie Ivan Pace Jr. links liegen ließen. Oder bereits im letzten Jahr einen Tariq Woolen, Press Corner der ersten Güteklasse – brauchen wir ja nicht… rückblickend lässt sich sagen (ich nehme alles zurück, wenn in ein bis zwei Jahren noch passende Entwicklung kommt), dass McDaniels überhaupt keine Vision in der Auswahl seiner Leute zeigt. Es wirkt so, als müsse man stets etwas „Besonderes“ machen, nur um es dann zu verkomplizieren und Leute reinzubringen, die sich allesamt nicht durchsetzen können. Versteht mich nicht falsch, ich GLAUBE an einige unserer jungen Jungs – aber bei so vielen Picks wünscht du dir auch mal einen, der komplett über sich hinauswächst. Klar, gebt den Spielern auch Zeit, aber berücksichtigt, dass wir Spieler heute nicht draften, damit sie in vier Jahren bei anderen Teams zu Stars avancieren. Wir draften sie auch wegen einem Immediate Impact und wenn bei der Breite keine Ausreisser nach oben existieren, bringt es mich zum Nachdenken! Dies KANN nicht das Ziel der Raiders sein!
Ist die Saison nun gelaufen?
Das Dilemma Nr.1 liegt eindeutig in unserem Coaching Staff, namentlich in der Person Josh McDaniels. Allerdings müssen wir (momentan noch) mit diesem Dilemma leben. Wenn Mark Davis McDaniels jetzt nicht feuert, stehen die Chancen gut, dass er diese Saison überdauern wird. Die beiden kommenden Heimspiele sind – mit Verlaub – machbar. Selbst mit der jetzigen Formkurve. Und genau das ist das Dilemma. Gewinnen die Raiders beide Spiele, stehen sie mit 5-5 noch halbwegs anständig da. Selbst wenn man dann gegen Miami und KC verliert würde man mit 5-7 in die Bye Week gehen und hätte dann mit zwei Heimspielen im Dezember die Chance alles aufs Saison-Ende zu verlagern. Was ich sagen will: aktuell sind alle Siege der Raiders eine Mogelpackung. Sie verzögern den Verbleib von McD unnötig und machen Hoffnung auf etwas, was wir objektiv nicht beobachten können: eine Entwicklung ins Positive. Hoffe ich nun, dass wir verlieren? Gar tanken? Natürlich nicht! Glaube ich objektiv daran, dass wir die Sache nochmal rumreißen? Leider auch nicht! Das derzeit existierende Vakuum ist daher nur schwer aufzulösen. Ich würde sagen, die Saison ist seit letzter Nacht gelaufen. Eine mögliche Verbesserung auf 7 oder 8 Siege zum Saisonende würde aber bedeuten, dass die Zeit mit McDaniels weiter geht. Das existierende Vakuum soll dann 2024 geschlossen werden – genau der Zeitplan, den Mark Davis für McDaniels vorgesehen hat. Für die Raiders Anhänger könnte diese Zeit die Leidensdauer unerträglich in die Länge ziehen.
Gab es auch etwas Positives?
Tatsächlich muss ich noch ein paar positive Dinge loswerden. Unit-übergreifend zeigt sich, dass nach mehreren Jahren der Suche nun endlich eine beinharte Secondary aufgebaut wurde. Um auch mal mit Lob um mich zu werfen: die Cornerback Unit hat eine erstaunliche Tiefe und ist zuverlässig, ebenso die Safeties. Dies gilt zwar nicht für alle Phasen aller Spiele, man merkt aber da tut sich langsam was. Gestern gab es auch wieder mehrere gute Momente von Leuten wie David Long, Amik Robertson oder Nate Hobbs. Auch Marcus Epps zeigt, dass er hellwach ist und hilft sowohl an der LOS, als auch als tiefer Safety. Das Linebacker Corps, im Gesamten immer noch eine Schwäche, litt gestern merklich unter dem Ausfall von Divine Deablo (plus dem Ausfall von Luke Masterson). Daher kann das Spiel gestern aus ihrer Perspektive schwer als Maßstab genommen werden. Insgesamt performt sie deutlich besser als erwartet. Achja, und wem es gestern auffiel: wir konnten immerhin ein paar Mal unsere Tight Ends involvieren. Ein Tropfen auf den heissen Stein, aber immerhin ein Anfang. Vor allem Michael Mayer wird auch in den kommenden Wochen mehr Targets sehen. Wir hoffen, dass dies seiner Entwicklung gut tut!
Und was nun?
Obwohl ich fest der Überzeugung bin, dass die Raiders ein besseres Team hätten, wenn die Fans das Sagen hätten, müssen wir mit dem Status Quo irgendwie zurecht kommen. Für mich heißt das: wieder in die Mikro-Perspektive gehen, die Erwartungen runter schrauben, versuchen weniger zu leiden. Wir müssen jetzt vorausschauend arbeiten, diejenigen Leute an uns binden, die in ein, zwei Jahren eine Rolle spielen sollen. Unter Berücksichtigung, dass sie auch bei anderen Coaches funktionieren. Ich persönlich würde bei einer weiteren Niederlage in den kommenden zwei Spielen der jungen Garde Chancen bieten. Ein Aiden O’Connell braucht Spielpraxis! Rookies wie Bennett oder Wilson/Young brauchen jeden Rep. Wir brauchen keine Roster Blocker wie Nichols, Tillery etc., gebt den jungen Leuten lieber wertvolle Erfahrung! Leider müssen wir im Verlauf des heutigen Abends mit Trades rechnen, die uns auch treffen könnten. Wir müssen uns in der jetzigen Situation frei machen von dem Gedanken, was Spieler bei uns sein KÖNNTEN und müssen schauen, was sie tatsächlich SIND. Dies erfordert, loslassen zu können. Ansonsten? Ich persönlich werde mich langsam an die Draft-Sichtung 2024 machen. Ein bisschen runterkommen. Erholen. Die geschundene Fan-Seele reparieren. Wieder mehr den analytischen Blick auf Details werfen und das große Ungewisse erstmal hinten anstellen. Was kann man denn auch tun, wenn das eigene Team solche Probleme macht und die Hoffnung langsam erlischt? Für das Team habe ich keine Lösung, für mich selbst schon: die Rückbesinnung auf das, was die Raiders für mich sind und waren: eine Organisation, die mir Spaß bereitet. Dann sinniere ich in den nächsten Wochen eben über andere (historische) Aspekte dieser Leidenschaft und versuche die Realität, zumindest etwas, zu verdrängen. Danke für euer Ohr!