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Von Kezar bis Youell – die alten Stadien der Raiders

Heute ist es an der Zeit ein wenig in der Geschichte der Raiders zu wühlen. In den kommenden Monaten sollen immer wieder vereinzelt historische Betrachtungen unserer Franchise in den Mittelpunkt gerückt werden. Von Geschichten über die Spielstätten bis hin zu legendären Raiders-Spielern will ich den Rückgriff auf die Historie wagen. Und vor allem neuen Raiders-Fans, die sich wenig mit der Vergangenheit auseinandergesetzt haben, einen Einblick geben. Heute werfen wir einen Blick auf die ersten Stadien, in denen die Silver&Black spielten. Von der Modernität eines Allegiant Stadiums war man damals noch weit entfernt. Und dennoch: bereits in den 60ern liefen die Raiders vor zahlreichem Publikum auf. Ein Überblick.

Vor Kurzem schickte ich ein Umfrage-Quiz über meinen Twitter-Kanal: Was waren die Original-Farben der Franchise? Doch so einige kannten die Antwort nicht. Die Raiders starteten Anfang der 1960er mit schwarz-goldenen Trikots und Logo-Farben. Hand aufs Herz: wer von euch kennt die ersten Stadien, in denen die Raiders spielen? Das Oakland Coliseum dürfte den meisten noch ein Begriff sein, doch gerade an die ersten Franchise-Jahre erinnern sich nur die wenigsten. Der zwischenzeitliche Ausflug ins L.A. Coliseum zwischen 1982 und 1994 ist damit natürlich nicht gemeint. Zwischen 1966 und heute spielten die Silver&Black in den ihren bekannten drei Stadien. Doch die andere Hälfte ihrer Heimspielstätten war einer größeren Fluktuation ausgesetzt. Zwischen der Franchise-Gründung 1960 und dem ersten AFL-Spiel im Coliseum wechselten die Raiders mehrfach ihre Heim-Orte. Los ging es im Geburtsjahr im Kezar Stadium. Anschließend (1961) zog man in den traditionsreichen Candlestick Park um. Beide Stadien lagen in San Francisco. Die Suche nach einem passenden Ort wurde also verschoben, Heimstätte und Gründungsort (Oakland) waren bis 1962 nicht identisch. Erst ab 1962, zwei Jahre nach Franchise-Gründung, wechselte man dann ins Frank Youell Field. Das Vorgänger-Stadion war im Vergleich eine wahre Bruchbude. Oldschool, wie Stadion-LiebhaberInnen es gerne mögen! Nach vier Jahren im Youell ging es letztlich erst 1966 ins Oakland Coliseum, wo das Team die ersten Jahre in der damaligen AFL spielte, bevor 1970 das erste offizielle NFL-Spiel der Raiders in Oakland stattfand. Im Folgenden stelle ich euch die ersten drei Stadien etwas genauer vor.

Kezar Stadium, San Francisco

Aller Anfang ist schwer. Und so war es auch bei den Raiders. Von finanziellen Problemen gebeutelt und mit Schwierigkeiten, einen Austragungsort zu finden, überwand die Franchise alle Hindernisse und startete ihren Siegeszug. Fast unter dem Namen „Senores“ bekannt geworden, sicherten sich die Raiders einen von acht Plätzen in der AFL (im Nachrückverfahren, weil die Vikings in die NFL wechselten), mussten sich aber bereits zu Beginn den Vorwurf gefallen lassen, gar nicht in der eigenen Stadt zu spielen. San Francisco lag eben günstiger und weil dort seit 1925 bereits ein großes Stadion stand, pachteten es die Raiders kurzerhand. Das Kezar Stadium, ein Leichtathletik-Stadion mit 50.000 Plätzen, stand bereits im Zentrum der Stadt und wurde bereits seit den 30ern multipel genutzt. Automobil-Veranstaltungen, Cricket-Spiele, Rugby, Lacrosse – oder eben Football, wurde hier zuhauf gespielt. Um es vorweg zu nehmen. Die Raiders spielten zwar zunächst in Frisco – sie spielten aber eben auch VOR den 49ers in Frisco, die ebenso das Kezar nutzten und in den 70ern in den Candlestick Park zogen. Die Raiders also zunächst als heimatlose Pioniere der Bay Area. Zumindest war das Stadion für damalige Verhältnisse schon relativ prominent und Football-bezüglich konnte man hier seit 1926 bereits das East-West-Shrine-Game sehen. Die einzige Saison im Kezar war für die Raiders mehr Eingewöhnung als Entfaltung. Man hatte am Ende eine Sieges-Bilanz von 6-8 und verließ bereits während der Saison (nach vier Heimspielen) die Stätte in Richtung Candlestick Park. Die meisten Zuschauer kamen dabei im ersten Spiel (12.703) und insgesamt hatten die sie eine ausgeglichene Heimbilanz, als sie dort spielten (2-2). Hierbei soll betont werden, dass das damalige Team bereits einige Hochkaräter vorweisen konnte. Unter anderem traten die Raiders mit Tom Flores als Quarterback an und stellten mit Jim Otto einen zukünftigen Hall-of-Fame Center. Was am Kezar noch interessant ist: es wurde in sage und schreibe nur einem Jahr fertig gestellt. Vorgeschlagen und geplant ab 1920 von Jack Spaulding, bekam das Stadion die Unterstützung mehrerer Businessmen mit Einfluss im Rathaus und nach einem privaten Zuschuss von Mary Kezar, der Namensgeberin des Stadions, wurde das Projekt final umgesetzt. Neben den Raiders nutzten noch mehrere Highschool/College-Football-Teams das Stadion. Davor, währenddessen und danach. Bis in die Moderne wurde es auch so prächtig weiter genutzt, stand gegen Ende seiner Lebzeit für Konzerte offen und wurde erst 1989 weitgehend abgerissen und umgebaut. Die Kapazität schmolz von 50.000 auf nurmehr 10.000. Obwohl einige Tafeln und Neubauten weiterhin an einen traditionsreichen Ort erinnern, wurde das Kezar Stadium nie wieder größer und behält bis heute noch diese Kapazität. Bekannt wurde es mit Sicherheit nicht nur wegen den Raiders. Im Kezar gab es u.a. den sogenannten „Wrong Way Run“, als Vikings Defensive End Jim Marshall den Ball versehentlich in die eigene Endzone trug. Im Kezar wurde auch der Zuschauerrekord für ein Highschool-Spiel aufgestellt, als SF Polytech gegen Lowell antrat. Die Raiders spielten nur einige Spiele dort – und zogen dann weiter Richtung Candlestick. Obwohl sie wohl nie mit dem Kezar assoziiert werden, begann hier der Mythos und Kult. Drei Jahre, bevor ein Mann die Grundfeste der Franchise für immer veränderte – Al Davis.

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Candlestick Park, San Francisco

Mit dem Umzug in den Candlestick Park verbesserte sich das sportliche Glück nur wenig, in ihren ersten Jahren vor Al Davis hatten die Silver&Black eine ernüchternde Gesamt-Bilanz von 9-33. 1961 sah es mit 2-12 Siegen doch relativ bitter aus. „The Stick“, das seinen ursprünglichen Namen „Harney Stadium“ im gleichen Jahr wechselte, beherbergte in Hochzeiten bis zu 70.207 BesucherInnen, eine Kapazität, die von Sportart zu Sportart variierte. Ursprünglich war es für das Baseball-Team der San Francisco Giants gebaut worden, die hier bis 1999 spielten. Auch die 49ers spielten hier ab den 70ern und zogen erst 2013 ins Levi’s Stadium um. Zwei Jahre später, 2015, wurde The Stick dann abgerissen. Der ursprüngliche Bau kostete nur 15 Mio. Dollar, was heute um die 150 Millionen wären. Vergleichsweise ein „Schnäppchen“. Den höchsten Sieg im „Stick“ feierten die Raiders noch 1960, als sie mit 48-10 gegen die Denver Broncos gewannen. Die Zuschauerzahlen hielten sich im Bereich um die 10.000, mit negativen Ausreissern unter 5.000. Wirklicher Hype konnte damals noch nicht erzeugt werden, was sich dann aber ab 1962 mit dem Umzug in die Heimat Oakland ändern sollte. Der Candlestick Park wurde 2015 schließlich abgerissen und auf dem Gelände ein Einkaufszentrum gebaut. Eines der altehrwürdigen Stadien ging damit in die Geschichte ein. Neben Football und Baseball wurde The Stick unter anderem bekannt, weil dort die Beatles ihr letztes Konzert vor größerem Publikum spielten. Paul McCartney kam 2014 für einen Solo-Gig zurück, um dem Stadion seine „letzte Würde“ zu geben.

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Frank Youell Field

Der Mythos und die Faszination Raiders nahm dann ab 1962, spätestens ab 1963 seinen/ihren Lauf. Mit dem Frank Youell Field fanden die Silver&Black endlich eine würdige Heimat in der Stadt ihrer Gründung. Und es passte, wie die Faust aufs Auge. Frank Youell selbst war nämlich ein Stadt-bekannter Totengräber. Kein Wunder, dass sich die Fans der Raiders später solchen Erzählungen hingaben und ihre Fanszene-Landschaft unter dem Schein des Mysteriösen weiterentwickelten. Das Youell Field lag zum damaligen Zeitpunkt auf dem heutigen Campus des Laney College, demjenigen Football-Programm, das durch die Netflix-Serie Last Chance U auf sich aufmerksam machte. Die Kosten lagen damals bei knapp 400.000 $ und die Kapazität von 22.000 veränderte sich bis zuletzt nie. 1969 wurde das Stadion bereits wieder abgerissen. Es unterschied sich dabei eklatant von seinen Vorgängern, was Bauweise und Nutzung anging. Im Gegensatz zu den modernen Stadien in San Francisco erinnerte das Youell eher an eine „Bruchbude“ und Selbstgestaltung war gefragt. So montierten Anhänger eigenhändig Schilder an den einzelnen Blocks und Tribünenaufgängen, erstmals sah man das Vereinslogo auf nahezu allen Seiten des Stadions und die Raiders unternahmen viel, sich hier heimisch fühlen zu können. Wer weiß, wie die Geschichte der Raiders damals ausgegangen wäre, wenn sie dort keine Heimat gefunden hätten. Auf etlichen Stadtrats-Sitzungen und im Vorfeld der Abstimmungen über den Bau wurde immer mehr klar: entweder hier – oder nirgendwo. Nachdem die Stadt Oakland harte Nutzungsbedingungen mit den Raiders ausarbeitete, konnten diese aber letztlich zu ähnlichen Bedingungen wie im Candlestick Park die neue Spielstätte nutzen. Ein gewisses spartanisches Element begleitete die Silver&Black in den Jahren am Youell. Die Tribünen waren nah am Feld, die Umkleiden spartanisch und Pragmatismus stand im Zentrum des Gesamtaufbaus. Kein schnörkeliges Gehabe, keine modernen Anzeigetafeln. In den vier Jahren der Nutzung (1962-1965) konnten die Raiders dann den Grundstein für den größeren Plan legen. Der Umzug in ein großes Stadion, das in Alameda County gebaut wurde und irgendwann das Herz der Franchise darstellen sollte: das Oakland Coliseum. Nach einem sportlich enttäuschenden Einstand holten die Raiders dann 1963 mit Al Davis einen aufstrebenden Coach, der gleichzeitig General Manager der Franchise wurde. Die glorreichen Jahre begannen. Wenn wir heute über die Raiders sprechen, denken wir allen voran an die wilden 70er und 80er, an Al Davis und weitere bekannte Heroen. Eher weniger denken wir an die Zeit dieses Umbruchs. Obwohl auch diese Zeit sehr prägend für unsere Geschichte war. In diesem Sinne, don’t forget your roots!

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